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Picart, Bernard
Neueröffneter Musen-Tempel: welcher das allermerkwürdigste, aus den Fabeln der Alten in 60 auserlesenen und schönen Kupfern von Bernard Picart und andern kunstreichen Männern vorstellet ; mit deutlichen Erklärungen und Anmerkungen — Amsterdam u. Leipzig, 1754

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https://doi.org/10.11588/diglit.8922#0071

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40

XVI.


I A N A

UND

END.Y.MIO N.
Latmius Endymion noneßtibi^ Luna, rubori.
O vid. 3. de A. A.


• Ndymion der wegen seiner Schönheit berühmte Schäser, 1 war ein
Sohn des Ethlius, erften Königs zu Elis , welchen Jupiter mit der
Protogenia gezeuget hatte. Jupiter nahm diefen seinen Enkel zu sich
in den Himmel, woselbft er der Juno unkeufche Gewalt anthun
w ölte und deswegen zur Beftrasung feiner Frevelthat zu einem immer-
währenden Schlaf 1 verdammet wurde. Die Mond-Gottin wurde ihn aus ihren
Zuge um die Erd-Kugel auf dem Berge 3 Latmus gewahr, wohin ihn Jupiter hatte
bringen lallen. So bald sie ihn geiehen hatte , war sie auch in ihn verliebt, und
ob fie sich gleich einiger Gegenliebe im geringften nicht getrosten konte , so läget
man doch, dals sie sich alle Nachte aus dielen Berg hinabgelalfen , damit sie we-
nigstens ihre Liebes-Pein durch Umarmung denen in etwas lindern mochte , wel-
cher ihr solche verursachet.
ERKLÄRUNG DER FABEL.
Endymion war seinem Vater in dem Regiment gefolget, 4 wurde aber aus sei-
nem Königreiche vertrieben, dieweil er fich in den Olympifchen Spielen hatte
überwinden lalTen. Hierauf verbarg er fich auf dem Berg Latmus in Carien, all-
wo er fich aus die Stern-Kunft legte und es darinne so weit brachte, dafs man
glaubet, er fey der erfte s gewefen, welcher den Lauf des Mondes mit Fleifs und
gründlich befchrieben : daher eben die Fabel von feiner Liebe mit der Luna oder
Diana 6 entftanden. Sein eingezogenes Leben nebft feinen langwierigen Betrach-
tungen ,
jiNMER RUNGEN.

1. Schäfer.] Andere geben ihn vor einen Jäger aus. Übri-
gens mufte einer von den Gewohnheiten der Alten nicht viel
wiflen, wenn er fich wundern wolte3 dafs ein Konigs-Sohn, der
den Jupiter felbft zum Gros-Vater gehabt} einen Schas-Hirten
abgegeben.
2. Immerw. Schlas.] Oder wie andere wollen, nur auf drey-
fig Jahre.
3. Dem Berge Latmus.] Latmus oder Lathynius ift ein
Berg in Carien , einer Landschaft in Klein Afien. Strabo (a)
iägt j dass noch zu feiner Zeit auf diesen Berge das Grab-Mahl
des Endymion zu fehen gewesen.
4. Gefolget.] Siehe den Paufanias in Eliacis wie auch den
Strabo Lib. XIV.

fen.

5. Der erste.] Wovon Plinius Lib. II. cap. 9. nach zu le-

6. Oder Diana.] Sie war eine Tochter des Jupiter und der
Latona und des Apollo Schwefter. Wiewohl mehrere dieses Nah-
mens sind, wie fo gleich foll gezeiget werden, fo wird doch in

den Sdhriften der Poeten gemeiniglich nur der gedachten Diana
Erwalinung gethan. Man leget ihr drey Nahmen und drey fehr
ungleiche Ämter bey. An den Himmel ift fie Luna oder der
Mond-, auf der Erde die Jagd-und Wald-Gottin Diana und unter
der Erde die Hollen-Konigin Profirpina. Man mahlet fie auch
mit drey Köpsen , wovon der zur rechten Hand ein Pferde-
Kops. der zur linken von einem Hunde und der mittelfte ein
wilder Schweins-Kopf ift, oder nach anderer Meynung ein Men-
fchen-Haupt. Daher ift lie eben Triformis ingleichen Triplex He-
tate genennet worden.
Tergeminamjue Hecaten, tria Vtrginis ora Diana, (b)
Man hat ihre Nahmen und Verrichtungen sehr artig in fol-
gende zwey Lateinische Verse gebracht:

Terret, lußrat, agit, Vroserpina, Luna, Diana,
Ima, fuprema, ferai, seeptro, fulgore, fagitta.

Man

(*) Lib. 14. (i) Virg. Ancid, lib. 4. vs. yn.
 
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