körper werden nach vorne gedreht. Maria erscheint in
sehr reichem Kopftuch. Ihre eigentliche Zeit findet diese
Fassung erst gegen 14i>0 70, als in Deutschland der
niederländische Einfluß mächtig anschwillt; so in einem
Epitaph zu Ellrich (Kr. Nordhausen) von 1461 und,
mit verblüffender Mächtigkeit, in der simpel-gewaltigen
Pieta aus Hedelfingen, datiert 1471 (Stuttgart, Abb. 12).
Maria hier noch dem Spätstile Mullschers in einigen
Zügen nahe. Im Ausdruck die zuweilen an das Holde
streifende Sanftheit des frühen 15. Jahrhunderts zu
großartiger Herbheit verwandelt, sehr charakteristisch
die Krümmung des Armes und selbst der Hand. Gerade
dieser Zug muß auf eine wichtige und viel beachtete
Erfindung zurückgehen. Er findet sich auch in einem
Blatte des E. S. (L. 35) und an der wundervollen Pieta
von Villeneuve-les-Avignon (Abb. 11). Auch die fran-
zösische Plastik (Mussy-sur-Seine z. B.) kennt diesen
dritten Typus — und in Deutschland ist nicht nur die
um 1500 geschaffene Tegernseer Pieta des Kaiser-
Friedrich-Museums (Abb. 13), sondern selbst noch die
des Ignaz Günther (Abb. 19) davon abhängig. —
Villeneuve-les-Avignon aber gibt zugleich schon eine
neue Nuance, einen vierten Typus an — die mächtige
Streckung des Leichnams reckt die Füße weit hinaus,
hebt also den üblichen Abschluß rechts auf. Auch
diese Variante läßt sich verfolgen. Ein spätes Beispiel,
bei dem die Krümmung der Hand in qualvoller Steige-
rung noch im linken Fuße zu Ende gedacht ist, bietet
das Vesperbild der Goslarer Jakobikirche, schon aus dem
16. Jahrhundert (Abb. 14).
Hier nähern wir uns von ferne einer fünften Fassung,
der Idee des am Boden liegenden Christus, über den
sich die Mutter beugt. Sie ist in der Malerei, als Teil
reicherer Komposition, sehr beliebt, wird es um 1500
auch in der Plastik, ist aber gelegentlich ebenfalls
schon vor der Mitte des 15. Jahrhunderts formuliert
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sehr reichem Kopftuch. Ihre eigentliche Zeit findet diese
Fassung erst gegen 14i>0 70, als in Deutschland der
niederländische Einfluß mächtig anschwillt; so in einem
Epitaph zu Ellrich (Kr. Nordhausen) von 1461 und,
mit verblüffender Mächtigkeit, in der simpel-gewaltigen
Pieta aus Hedelfingen, datiert 1471 (Stuttgart, Abb. 12).
Maria hier noch dem Spätstile Mullschers in einigen
Zügen nahe. Im Ausdruck die zuweilen an das Holde
streifende Sanftheit des frühen 15. Jahrhunderts zu
großartiger Herbheit verwandelt, sehr charakteristisch
die Krümmung des Armes und selbst der Hand. Gerade
dieser Zug muß auf eine wichtige und viel beachtete
Erfindung zurückgehen. Er findet sich auch in einem
Blatte des E. S. (L. 35) und an der wundervollen Pieta
von Villeneuve-les-Avignon (Abb. 11). Auch die fran-
zösische Plastik (Mussy-sur-Seine z. B.) kennt diesen
dritten Typus — und in Deutschland ist nicht nur die
um 1500 geschaffene Tegernseer Pieta des Kaiser-
Friedrich-Museums (Abb. 13), sondern selbst noch die
des Ignaz Günther (Abb. 19) davon abhängig. —
Villeneuve-les-Avignon aber gibt zugleich schon eine
neue Nuance, einen vierten Typus an — die mächtige
Streckung des Leichnams reckt die Füße weit hinaus,
hebt also den üblichen Abschluß rechts auf. Auch
diese Variante läßt sich verfolgen. Ein spätes Beispiel,
bei dem die Krümmung der Hand in qualvoller Steige-
rung noch im linken Fuße zu Ende gedacht ist, bietet
das Vesperbild der Goslarer Jakobikirche, schon aus dem
16. Jahrhundert (Abb. 14).
Hier nähern wir uns von ferne einer fünften Fassung,
der Idee des am Boden liegenden Christus, über den
sich die Mutter beugt. Sie ist in der Malerei, als Teil
reicherer Komposition, sehr beliebt, wird es um 1500
auch in der Plastik, ist aber gelegentlich ebenfalls
schon vor der Mitte des 15. Jahrhunderts formuliert
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