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Pinder, Wilhelm
Die Pietà — Bibliothek der Kunstgeschichte, Band 29: Leipzig: Verlag von E.A. Seemann, 1922

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https://doi.org/10.11588/diglit.59320#0014
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verhauen im Steine stecken — was sie wollte, scheint
für neueste Künstler verlockend zu sein. Der weitere
Beitrag Italiens ist nicht allzu groß. Der barocke Trieb
zum Öffentlichen und Malerischen formte eine spätere,
vom letzten Bernini ausgehende Pieta zu fast land-
schaftlicher Breite und machte aus dem ehemals gran-
dios einsamen Erlebnis eine Deklamation. Eher konnte
die düstere Glut Spaniens eine barocke Pieta von echter
Leidenschaft erzeugen (Abb. 18). Im 18. Jahrhundert
hat u. a. Ignaz Günther das Thema mit großer Fein-
heit angefaßt, in Nenningen und Weyarn. Alle wun-
dervolle Eleganz, auch alles echte Nacherleben kann
das Weiterwirken eines sehr alten Typus, unsers dritten,
nicht verdecken (Abb. 13 u. 19).
Seitdem ist unsere alte Kulturwelt von Grund aus
aufgewühlt. Der größte Abgrund klafft zwischen Ignaz
Günther und der Grablegung Emil Noldes. Sie ist
keine reine Pieta, doch ich wüßte keinen besseren Aus-
blick — denn er ist zugleich Rückblick. Ist im Haupte
Christi nicht das gleiche gespenstische Wachstum, wie
in der Madonna der Pieta Röttgen ? Ist nicht wieder
etwas von der Welt der alten deutschen Vesperbilder
aufgestiegen? Diese völlige Überwindung alles „Öffent-
lichen“, diese fanatische Inbrunst kommen aus uralter
Kraft unseres Volkes.

LITERATUR
„Die dichterische Wurzel der Pietä“, Repertorium für Kunstwissenschaft. Bd. 42,
S. I45ff- (Pinder.) Dazu das Kapitel „Andachtsbilder“ bei Dehio, Gosch,
der deutschen Kunst, Bd. II. und bei Julius Baum, Gotische „Bildwerke
Schwabens* , S. 7 2 ff.
Die sehr reiche Literatur am besten versammelt bei De mm ler, Die mittelalter].
PietA-Gruppen im „Kais.-Friedr.-Museum“, „BerlinerMuseen“, 1921,8.117ff.

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