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Kunstsalon Pisko [Hrsg.]
Gemälde alter Meister: Sammlung Gustav Ritter Hoschek von Mühlheim †, Prag ; Versteigerung 24. März 1909 — Wien, 1909

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https://doi.org/10.11588/diglit.21515#0007
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VORWORT.

Unter den Prager Gemäldesammlungen, die in den letzten Jahrzehnten angelegt
worden sind, nahm neben der noch bestehenden und in steter Entwicklung begriffenen
Galerie des Herrn kaiserlichen Rates J. V. Noväk die Sammlung des vor zwei
Jahren verstorbenen Herrn Gustav von Hoschek, aus der der erste Teil der
hier verzeichneten Gemälde stammt, wohl den hervorragendsten Rang ein. Herr von
Hoschek war ein vielseitiger und rühriger Sammler und es lag offenbar in seiner
Absicht, sich nicht auf bestimmte Schulen zu beschränken, sondern zu erwerben, was
immer ihm schön, gut und wertvoll schien. Trotzdem gehört die Mehrzahl der hier
verzeichneten Gemälde der niederländischen Schule an und schließt sich dadurch zu
einer gewissen Einheit zusammen.

Die altniederländische Schule, deren Beliebtheit bei den Sammlern zum Teil dank
den in den letzten Jahren wiederholt veranstalteten Leihausstellungen von Gemälden
der »primitiven« Schulen immer mehr zugenommen hat, ist durch einige recht gute
und interessante Stücke vertreten. Eines der frühesten von diesen Bildern ist — min-
destens dem Motive nach — ein »Segnender Christus« (No 68) von feiner, miniatur-
artiger Ausführung, der in der ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts nach einem Vorbilde
Roger van der Weydens gemalt worden ist. Ein interessantes Beispiel der
altholländischen Malerei vom Anfänge des 16. Jahrhunderts ist der »Christus in der
Vorhölle« (No 34), der von einem Kenner wie Max J. Friedländer dem sogenannten
»Meister von Alkmaar zugeteilt wird. Zwei Bilder gehen auf Kompositionen
des liebenswürdigen, geschmackvollen Gerard David zurück: die »Kreuzabnahme«
(No 70), die in mehreren Wiederholungen vorkommt, von denen die unsrige
durch die reiche Behandlung und den warmen Ton an jenen vortrefflichen Schüler
Davids erinnert, der von Waagen für Jan Mostaaert gehalten, neuerdings aber mit
Adriaen Ysenbrant identifiziert worden ist, und die »heilige Familie« (No 42), die
eine Davidsche Komposition in einer Umbildung zeigt, die sie wahrscheinlich durch
einen handwerksmäßigen Maler der Antwerpener Schule der ersten Hälfte des 16. Jahr-
hunderts erfahren hat. Ebenfalls der Antwerpener Schule derselben Epoche ge-
hören zwei Triptychen an, die jener Gruppe von Bildern zuzurechnen sind, in denen
man früher mit Unrecht Jugendwerke Herri met de Bles’ hat erkennen wollen. Das feinere
von diesen Flügelbildern (No 1) geht vielleicht auf einen bestimmten Maler zurück*
der einige Antwerpener Schnitzaltare mit gemalten Flügeln versehen hat, das andere
(No 43) ist ein typisches Erzeugnis der beliebten Antwerpener Werkstätten jener Zeit,
die ihre gemalten Altäre nach ganz Europa exportierten, und es ist bezeichnend, daß
gerade von diesen Stücken eine ganze Anzahl von zum Teil genau gleichlautenden
Wiederholungen in verschiedenen Sammlungen vorkommt.

Von dem wahren Herri met de Bles, dem die Italiener den Namen Civetta
(das Käuzchen) gegeben haben, besitzt die Hoscheksche Sammlung ein mit dem
Käuzchen, das bei diesem Künstler die Stelle des Monogramms vertritt, bezeichnetes
Bild, das wohl das größte und figurenreichste Gemälde ist, das uns von diesem Künstler
untergekommen ist (No 2) In zahlreichen, kleinen Figürchen und ihrer geschickten
Gruppierung zeigt sich hier Herri met de Bles dem sogenannten »Braunschweiger
 
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