92 Photographie in natürlichen Farben
zen zu setzen; die Fortschritte des Herrn Daguerre decken
eine neue Reihe von Möglichkeiten auf."
Dieser Ausspruch beweist deutlich, daß man, kaum daß die Photo-
graphie den ersten erfolgreichen Schritt getan, ihren Hauptmangel so-
fort als solchen erkannte und schwer empfand. Aber gerade dieser Mangel
der Photographie, der sozusagen mit jedem neuen Bilde immer wieder
zutage trat, war der Ansporn für findige Geister, dem scheinbar aus-
sichtslosen Problem weiter nachzugehen. Heute, mehr als siebzig Jahre
seit jenen denkwürdigen Worten Gay-Lussacs, können wir sagen, daß
das hartnäckig verfolgte Ziel erreicht ist. Was damals als wahnwitzige
Forderung gegolten hätte, das farbentreue Bild eines Gegenstandes
in Bruchteilen einer Sekunde auf die Platte bannen zu wollen, ist heute
so selbstverständliche Wahrheit, daß bereits der unersahrenste Anfänger
sich auf dieses Gebiet wagt und es zu den schönsten Erfolgen bringt.
Um die hohe Bedeutung des heute Erreichten zu verstehen, müssen
wir einen kurzen Blick in die Vergangenheit zurücktun. Das erste Ex-
periment, das zweifellos in das Gebiet der Farbenphotographie gehört,
fällt in die siebziger Jahre des 18. Jahrhunderts; da gelang es Karl
Wilhelm Scheele uachzuweisen, daß Chlorsilber, das man dem durch
ein Prisma erzeugten Spektrum aussetzte, sich im violetten Lichte schnell
violett färbt, während die andern Farben weniger auf dasselbe ein-
wirken. Der Schweizer Jean Sennebi er konstatierte bald darauf, daß
Chlorsilber die Tendenz habe, seine Farbe der der auffallenden Spek-
tralfarben anzupassen. Um das Jahr 1810 stellte Thomas Seebeck
in Jena fest, daß bereits belichtetes Chlorsilber das Spektrum ange-
nähert in seinen Farben wiederzugeben vermöge. In den vierziger
Jahren finden wir den französischen Physiker Becquerel mit dem Pro-
blem beschäftigt, und ihm gelang es nach jahrelangen Versuchen wirklich,
einen bedeutenden Schritt vorwärts zu tun und die ersten Bilder in
Naturfarben zu erzeugen; freilich waren sie nicht haltbar. Der erste,
dem die Fixierung der Bilder gelang, war Niepce du Saint-Victor.
Aber auch die Haltbarkeit seiner Bilder war eine recht bescheidene.
1864—1871 trat Poitevin mit seinen Versuchen, farbige Papier-
bilder herzustellen, hervor. Im übrigen stellten seine Bilder keinen
wesentlichen Fortschritt gegen das schon von apdern Erreichte dar.
Die bisherigen Versuche waren alle eigentlich nur ein Tappen im
Finstern, denn niemand vermochte das Entstehen der Farben im Chlor-
silber zu erklären. Der erste, der hier den richtigen Weg wies, war
W. Zenker, der 1868 die Behauptung aufstellte, daß die Farben in den
Becquerelschen Aufnahmen durch stehende Lichtwellen zustande kommen.
zen zu setzen; die Fortschritte des Herrn Daguerre decken
eine neue Reihe von Möglichkeiten auf."
Dieser Ausspruch beweist deutlich, daß man, kaum daß die Photo-
graphie den ersten erfolgreichen Schritt getan, ihren Hauptmangel so-
fort als solchen erkannte und schwer empfand. Aber gerade dieser Mangel
der Photographie, der sozusagen mit jedem neuen Bilde immer wieder
zutage trat, war der Ansporn für findige Geister, dem scheinbar aus-
sichtslosen Problem weiter nachzugehen. Heute, mehr als siebzig Jahre
seit jenen denkwürdigen Worten Gay-Lussacs, können wir sagen, daß
das hartnäckig verfolgte Ziel erreicht ist. Was damals als wahnwitzige
Forderung gegolten hätte, das farbentreue Bild eines Gegenstandes
in Bruchteilen einer Sekunde auf die Platte bannen zu wollen, ist heute
so selbstverständliche Wahrheit, daß bereits der unersahrenste Anfänger
sich auf dieses Gebiet wagt und es zu den schönsten Erfolgen bringt.
Um die hohe Bedeutung des heute Erreichten zu verstehen, müssen
wir einen kurzen Blick in die Vergangenheit zurücktun. Das erste Ex-
periment, das zweifellos in das Gebiet der Farbenphotographie gehört,
fällt in die siebziger Jahre des 18. Jahrhunderts; da gelang es Karl
Wilhelm Scheele uachzuweisen, daß Chlorsilber, das man dem durch
ein Prisma erzeugten Spektrum aussetzte, sich im violetten Lichte schnell
violett färbt, während die andern Farben weniger auf dasselbe ein-
wirken. Der Schweizer Jean Sennebi er konstatierte bald darauf, daß
Chlorsilber die Tendenz habe, seine Farbe der der auffallenden Spek-
tralfarben anzupassen. Um das Jahr 1810 stellte Thomas Seebeck
in Jena fest, daß bereits belichtetes Chlorsilber das Spektrum ange-
nähert in seinen Farben wiederzugeben vermöge. In den vierziger
Jahren finden wir den französischen Physiker Becquerel mit dem Pro-
blem beschäftigt, und ihm gelang es nach jahrelangen Versuchen wirklich,
einen bedeutenden Schritt vorwärts zu tun und die ersten Bilder in
Naturfarben zu erzeugen; freilich waren sie nicht haltbar. Der erste,
dem die Fixierung der Bilder gelang, war Niepce du Saint-Victor.
Aber auch die Haltbarkeit seiner Bilder war eine recht bescheidene.
1864—1871 trat Poitevin mit seinen Versuchen, farbige Papier-
bilder herzustellen, hervor. Im übrigen stellten seine Bilder keinen
wesentlichen Fortschritt gegen das schon von apdern Erreichte dar.
Die bisherigen Versuche waren alle eigentlich nur ein Tappen im
Finstern, denn niemand vermochte das Entstehen der Farben im Chlor-
silber zu erklären. Der erste, der hier den richtigen Weg wies, war
W. Zenker, der 1868 die Behauptung aufstellte, daß die Farben in den
Becquerelschen Aufnahmen durch stehende Lichtwellen zustande kommen.