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Galerie Rudolf Probst (Mannheim)
Erste Ausstellung Emil Nolde: Aquarelle : 8. Mai bis 11. Juni 1949 — Mannheim: Galerie Rudolf Probst, 1949

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https://doi.org/10.11588/diglit.73056#0002
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Goethe:
„Das Genie begreift, daß Kunst eben darum Kunst heiße, weil sie nicht Natur
ist. Gerade das, was ungebildeten Menschen am Kunstwerk als Natur auffällt,
das ist nicht Natur, sondern der Mensch."
Emil Noldes Werke sprechen den inneren Sinn des Menschen an. Nicht das Abbild
eines zufälligen „Draußen" der Natur wirkt, sondern ein in der Seele Ur-„Einge-
bildetes". Den tiefer sehenden Beschauer dieser Bilder lührt sein Erlebnis zur Ent-
deckung des nur dem Menschen innewohnenden Ganzen der Schöpfung in ihrer
geheimnisvollen Einheit von Freiheit und Heiligkeit. So eignet Noldes Kunstgebilden
etwas ewig Wahres und Wirkliches auch dort, wo sie dem Realen weit entrückt
scheinen und wiederum atmen selbst seine naturnächsten Bilder das menschliche
Freiheitsgefühl, das sich der bald 82jährige Maler durch Zeiten der Kämpfe ebenso
wie der Erfolge lebenslang bewahrt hat. Nur den eigenen Gesichten vertrauend, hat
er sich von Fall zu Fall auch das Instrument für ihre künstlerische Aussage selbst
geschaffen, die unvergleichliche Sprache seiner Farben und Formen. In solcher Unab-
hängigkeit gelang ihm das, was von jedem ursprünglich Schöpferischen ersehnt wird
und heute so selten geworden ist: nur das zu leben, was von selbst aus ihm heraus-
wollte. Nichts als dies Eine — Einfachste und zugleich Schwerste — versuchte er
von Anfang an mit aller Hingabe und Leidenschaft, bis es ihm fruchthaft heran-
wuchs zu seiner menschlich beschenkenden großen Kunst. Rudolf Probst

Aus einem Brief Emil Noldes vom 9. Oktober 1926:
„Es ist der Kunstler ein sensibles, lichte und lärmscheues Wesen, oft leidend, sich
verzehrend in Sehnsucht. Die Menschen, fast alle, sind seine Feinde, die Freunde,
seine nächsten, die schlimmsten. Wie eine Polizei sind sie dem Lichtscheuen, er
sieht ihre Laterne. Der Teufel in ihm wohnt im Gebein, die Gottheit im Hermen.
Wer ahnt diese Mächte, die sich streiten, und die entstehenden Konflikte! Hinter
Mauern lebt der Künstler, zeitlos, selten im Flug, oft im Schneckenhaus. Seltsames
tiefes Naturgeschehen liebt er, aber auch die helle, offene Wirklichkeit, die ziehens
den Wolken, blühende, glühende Blumen, die Kreatur. Unbekannte, ungekannte
Menschen sind seine Freunde, Zigeuner, Papuas, sie tragen keine Laterne. Er sieht
nicht viel, aber andere Menschen sehen gar nichts."

Zatr^r.?^ fiT Kunstgeschichte
in München
Inv. Nr.
 
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