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Probst, Hansjörg
Seckenheim: Geschichte eines Kurpfälzer Dorfes — Mannheim, 1981

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https://doi.org/10.11588/diglit.3000#0182
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der Ettlinger Straße; Evangelische Kirche, Rathaus und katholische Kirche mit dem Seitz'
sehen Anwesen davor treten zusammen ins Bild; ein anderer Blickwinkel erschließt sich,
wenn man von Heidelberg kommend auf der Höhe der Meßkircher Straße das Panorama
vor sich hat. Vom ersten Stock des Rathauses hat man einen fast vollkommenen Rund-
blick in vier ganz typische Straßenräume, sicher den schönsten ganz Seckenheims. Über
dieses Zentrum hinaus bietet Seckenheim dem aufmerksamen Beschauer noch eine Fülle
von bemerkenswerten Ensembles: am bekanntesten und auffallendsten sind die verschie-
denen Aspekte der Neckarfront, aber auch Heumarkt, viele Einzelheiten im Hunsrück -
besonders der Eingang mit Waaghalle, Katholische Kirche, Stengelstraße, Schloß und
evangelisches Pfarrhaus, untere Freiburger und Rastatter Straße, Freiburger/Ecke Villin-
ger Straße oder mittlere Zähringer Straße sind bemerkenswert. Neuere Teile wie Kapellen-
platz oder die Zähringer Straße zwischen Rastatter und Ettlinger Straße passen sich har-
monisch an. Nach außen zeigt Seckenheim geschlossene Rückfronten (Bonndorfer oder
Meßkircher oder Maxauer Straße), die jetzt erst durch Neubauviertel durchbrochen wer-
den; Gottseidank hat bis heute kein klotziges Hochhaus das harmonische Gesamtbild der
von viel Grün unterbrochenen Giebel und Dachflächen beeinträchtigt.
Die alten großen Straßen waren auf Fuhrwerksverkehr angelegt und relativ breit. Bis zum
Ende des 18. Jahrhunderts führten sie unbefestigt über den gewachsenen Boden, wobei
Obergasse und Hauptstraße aufgrund der obengenannten topographischen Gegebenheiten
ein Gefälle hatten, das das Stauwasser von den Häusern wegleitete. Mit der Bebauung der
tiefergelegenen Bereiche wurde eine Straßenentwässerung notwendig. Der Rathausbereich
wurde schon in Zusammenhang mit dem Chausseebau verdolt. Erst zu Beginn des 19.
Jahrhunderts wurden in die Mitte der Gassen Regenrinnen angelegt, die mit Pflasterstei-
nen befestigt wurden. 1806 waren ähnliche „Wasserläufe" im „gemeinen Gäßchen von
der Dorfliauptstraße zu zwischen Michael Klumb und Philipp Gund gegen den Neckar bis
an das gemeine Hauß, dann von da durch die gemeine Gaß bei des Leonhard Karl Hauß
vorbei und hinter des Schultheißen Garten bis an den Dohl (Abwasserrohr) bei des Wil-
helm Freyen Hauß, dann ein dergleichen am Ende des Orts gegen Mannheim". Die Breite
einer Gosse betrug 5 Schuh = 1,50 m. Die Gesamtlänge dieser gepflasterten Gosse betrug
258 Ruten, ca. 750 bis 1000 Meter [229/96578].

Die sonstige Straßenfläche war geschottert. Die Hauptstraße erhielt um 1925 das Granit-
grobpflaster, das erst im Zuge ihres Ausbaus zwischen 1972 und 1980 entfernt wurde, die
anderen Straßen eine Teersplitterauflage zwischen 1925 und 1930.
Die Straßenbeleuchtung wurde bereits 1834 für die Hauptstraße eingeführt und machte
weithin großen Eindruck, wie der Bericht eines Reisenden in einer zeitgenössischen Zei-
tung zeigte: „Es war schon gegen Mitternacht, als ich neulich von meiner Reise über Hei-
delberg hier ankam, und zugleich stürmisches Wetter. Wie erfreulich wurde ich daher
überrascht, als ich durch das an der Heidelberger Landstraße gelegene schöne Dorf Sek-
kenheim fuhr und dasselbe durch große weithinleuchtende Laternen erhellet fand. Ich
schloß sogleich aus dieser zweckmäßigen Beleuchtung auf eine gute geistige Erleuchtung
seiner Einwohner. Die Beleuchtung der Hauptstraße sei erst seit diesem Winter eingefüh-
rt worden, und man wünsche dort nur, daß auch die anderen Straßen noch beleuchtet

™ürden....." [Zitiert nach NMZ vom 15.9.1933, Nr. 427].

Diese Petroleumlaternen hingen an Ketten und wurden abends - außer bei Vollmond mit
wolkenlosem Himmel - vom Laternenanzünder angezündet; das war um 1870 „Wink-
ersfritz Laternenkönig!" Um diese Zeit hatte nur mehr der Hunsrück keine Laternen.
9 erhielt Seckenheim elektrische Straßenbeleuchtung, die übrigens erst Jahre nach dem
Weltkrieg modernisiert wurde.

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