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Probst, Hansjörg
Neckarau (Band 1): Von den Anfängen bis ins 18. Jahrhundert — Mannheim, 1988

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https://doi.org/10.11588/diglit.3002#0349
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gaben aufzukommen,240 die die Visitation und das Sendgericht durch den Propst von
St. Cyriakus zu Neuhausen verursachten. Diese Unkosten waren von den Swenden
von Weinheim immer anstandslos gezahlt worden; der pfälzische Marschall Hans
von Drode jedoch weigerte sich mehr als zehn Jahre, seinen Anteil zu entrichten.
Darüber hinaus zahlte er auch nicht die 5 Viernzel Korn, die dem Mesner und
Glöckner zustanden. Er „hatte sich hinder stellig gemacht und dem armen Glockner
sein Korn und Lydelon (Läutelohn) inbehalten und nit wollen geben, daß doch me
(mehr) denn vor lOOjaren alle wegen geben ist worden von denen Swennen". Als nun
im Jahre 1483 der Propst von Neuhausen „sinen heyligen Senf gehalten hatte, wei-
gerte sich Hans von Drode immer noch, seinen Anteil der Unkosten zu bezahlen:
„Er allein hatt sich darwydder geleydt." Daraufhin griff der Propst zu der stärksten
möglichen Kirchenstrafe, er verhängte über Neckarau das Interdikt. Das bedeutete,
daß „die kyrche beschlossen wurdt. . ., also das man keyn meße solt lesen oder keyn
Sacrament reychen alß lang, bis der heylig Sent gericht wurde alß von her Hansen von
Drods wegen". Um das Interdikt zu beenden, mußten die Kirchengeschworenen die
fälligen Kosten als ein dar lyhen (Darlehen) vorstrecken. Hans von Drode scheint
das immer noch nicht gerührt zu haben, so daß sich Pfarrer und Kirchengeschworene
in einem Schreiben, dem man heute noch die Empörung und Erregung der Verfasser
anmerkt, über Hans von Drode bitterlich beschwerten und den Kurfürsten baten,
den Marschall nachdrücklich auf seine Verpflichtung hinzuweisen.241 Ob dieser den
Beschwerden nachkam, ist nicht überliefert. Jedenfalls verkaufte Hans von Drode
im Jahre 1492 seinen Anteil am Neckarauer Großen Zehnten mit Genehmigung des
Kurfürsten Philipp um 1540 fl an den Bischof von Worms.242

4.6. Am Vorabend der Reformation

Eine der wertvollsten Quellen über die Pfarrei Neckarau um 1500 ist das sogenannte
Wormser Synodale.243

Sedes Heidelberg
Neckeraw

(171 v.) Ecclesia parochialis, st. Martinus patronus, abbas Schönauiensis confert. Ibidem a dextris altare
beatae Mariae Virginis confirmatum, habet domum et residentem. Ibidem ante chorum altare st. Crucis
confirmatum, habet domum et residentem. Ibidem a sinistris altare st. Egidii confirmatum, habet domum
et residentem. Abbas praefatus confert omnia. Duodecim iurati. Commissarius suscipitur ut supra, sed
aedituus dabit duos manipulos luminum, plebanus, capellani, iurati et aedituus habent expensas. Et si ex-
pensae non fierent, ut adjudicant, tunc debent fieri de novo. Cathedraticum 15 ß hl. decima maior dat.
Jus clavium 2 ß den. dat fabrica. Synodalia: legitimus 1 den., maechanicus 2 den., faber babata et habebit
prandium cum famulo, aedituus colligit. Plebanus conqueritur, quod iurati non sint sibi obedientes. Fab-
rica conservat omnia aedificia ecclesiae sed in casu (172) quo ecclesia combureretur vel alias rueret, tunc
decimatores debent de novo reaedificare; conservat etiam omnia ornata, vinum ad missas et tempore
communionis, hostias, turrim, tria lumina perpetua, sal benedictum, ossarium, murum coemeterii, cruri-
fragas. Erhardt Nickh conservat perpetuum lumen de certis bonis. Plebanus et iurati disponunt aedituum.
Plebanus debet habere arietem et aprum et recipit fructus coemeterii. Communitas disponit ac nutrit
taurum. Abbas praefatus conservat domum plebani. Capellani tenentur conservare domos suas. Fabrica
habet singulis annis 5 1/2 fl., 62 1/2 maldra frumentorum, 18 lb cerae. In debitis 7 fl., 541b hl. In promptis
71 fl., 211b hl.

Dekanatssitz Heidelberg
Neckarau: eine Pfarrkirche; Kirchenpatron ist der heilige Martin. Der Abt von Schönau hat das Beset-
zungsrecht (Collator). In eben der Pfarrkirche ist auf der rechten Seite ein Altar der Heiligen Jungfrau Ma-
ria errichtet. Die Altarpfründe hat ein Haus und einen Inhaber. Vor dem Chor ist ein Altar zum Heiligen
Kreuz errichtet; auch diese Pfründe hat ein Haus und einen Inhaber. Auf der linken Seite ist ein Altar des
Heiligen Ägidius errichtet; auch diese Pfründe hat ein Haus und einen Inhaber. Der oben genannte Abt hat

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