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Entscheidungen des Preussischen Oberverwaltungsgerichts in Staatssteuersachen — 7.1899

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Abtheilung I: Entscheidungen in Einkommensteuer- und Ergänzungssteuersachen (Nr. 1 - 81)
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https://doi.org/10.11588/diglit.62230#0185
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— 145 —

Der gegen dieſe Entſcheidung gerichteten Beſchwerde iſt ein
Erfolg nicht zu verſagen.

Aufgabe der Berufungskommiſſion iſt, damit zu Abſchrei-
bungen verwendete Beträge als ſteuerpflichtig behandelt werden
dürfen, feſtzuſtellen, daß die Bilanz unrichtig iſt, weil die be-
treffenden Werthe zu niedrig in der Bilanz ſtehen. Voraus-
ſetzung dieſer Feſtſtellung iſt ſelbſtverſtändlich, daß die Berufungs-
kommiſſion die Gegenſtände, um deren Bewerthung es ſich han-
delt, kennt. Dieſe Kenntniß aber ihr zu verſchaffen iſt Sache
der Aktiengeſellſchaft, weil ſie es iſt, welche die Berückſichtigung
von Abſchreibungen beanſprucht hat. Somit hat ſie die Objekte,
auf welche abgeſchrieben worden iſt, näher zu bezeichnen, ſoweit
ſolches nicht etwa deshalb unnöthig iſt, weil die Obiekte ſpeziell
bekannt ſind, z. B. ein Grundſtück, oder nach Lage des Falles
auch ohne ſpezielle Kenntniß abgeſchätzt werden können. Erſt
wenn die Gegenſtände ermittelt ſind, auf welche die beanſtandeten
Abſchreibungen erfolgt ſind, kann die Berufungskommiſſion an
die Feſtſtellung ihres Werthes herantreten. Im vorliegenden
Falle ging hiernach das Verlangen nach einem ſpeziellen detaillirten
Verzeichniſſe der Vermögensobjekte und der einzelnen dafür in
Anſatz gebrachten Werthe zu weit. Noch abgeſehen davon, daß
die Vorlegung von Abſchriften der Inventuraufnahmen (hier für
das Geſchäftsjahr 1892/93 ſogar allgemein, obwohl nur eine
Abſchreibung auf das Inventarienkonto in Frage ſtehh ſehr oft
ohne eine ganz erhebliche Beläſtigung der Cenſitin nicht aus-
führbar ſein würde, hatte die Berufungskommiſſion ſich hier
darauf zu beſchränken, von der Cenſitin zu fordern, daß ihr die
Vermögensobjekte, auf welche die in Frage ſtehenden Abſchrei-
bungen vorgenommen ſind, bezeichnet wurden. Das Maß und
der Umfang dieſer Bezeichnung beſtimmte ſich durch den Zweck;
nur ſoweit, als für die Schätzung erforderlich war, war in
Details einzugehen. Daher iſt anzuerkennen, daß hier das Ver-
fahren fehlſam geweſen iſt und daß die Berufungskommiſſion
durch die Weigerung der Cenſitin noch nicht berechtigt geweſen
iſt, ohne weiteres auf Grund der Geſchäftsberichte und Bilanzen
nach ihrem Ermeſſen zu ſchätzen.

Wegen dieſes weſentlichen Verfahrensmanges unterliegt die
Berufungsentſcheidung der Aufhebung (S. 44 Nr. 2 des Ein-

Entſchetd. d. K. Oberverwaltungsgerichts in Staatsſteuerſachen. VII. 10
 
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