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dem Urtheile vom 11. Oktober 1894 nicht ausgeſprochen werden
ſollen, wenngleich einzelne darin enthaltene Wendungen, wie es
ſcheint, eine von dem Oberverwaltungsgerichte nicht beabſichtigte
Auffaſſung hervorgerufen haben. Namentlich war es nicht die
Abſicht des Oberverwaltungsgerichts, den ärztlichen Unternehmern
von Privatkrankenanſtalten den Gegenbeweis gegen ihre Gewerbe-
ſteuerpflicht aufzuerlegen. Keinesfalls rechtfertigt aber die Faſſung
des erwähnten Urtheils die Annahme, daß bei Prüfung der
Frage, ob die Anſtalt „als ſolche“ einen Gewinn abwirft und
danach als Gewerbebetrieb anzuſehen iſt, nicht bloß die Ver-
pflegungsgelder, ſondern auch die aus ihr fließenden ärztlichen
Honorare in Berechnung gezogen werden müßten. In dem vor-
letzten Satze des Urtheils (vergl. S. 254 Bd. III a. a. O) iſt
vielmehr nur ausgeſprochen, daß, wenn ſich die Privat-
krankenanſtalt eines Arztes als Gewerbebetrieb dar-
ſtellt, auch die aus ihr fließenden Honorare einen Theil des
Geſammtertrages bilden. An dieſem Satze wird, wie oben dar-
gelegt iſt, auch gegenwärtig feſtgehalten.“)
*) Als Entſcheidungen, die in Anwendung der dargelegten Grundſätze
ergangen, ſind unter Anderen folgende hervorzuheben:
4
Entſcheidung des VI. Senats, 1. Kammer, vom 5. Mai 1898.
Rep. VI. G. 874/97.
Ein approbirter Arzt, der ſich als „Arzt für Nervenkrankheiten“ be-
zeichnete und deſſen Spezialfach nach ſeiner Angabe dasjenige eines Irren-
arztes war, hatte am 1. Januar 1897 eine Privatirrenanſtalt für etwa
15 Kranke auf dem Lande errichtet. Nach dem Proſpekte war ſie für
Nerven- und Gemüthskranke beiderlei Geſchlechts mit Einſchluß der an
Morphinismus und Alkoholismus Leidenden beſtimmt; der monatliche
Penſionspreis betrug bei gleicher Ausſtattung der Zimmer 150 bis 2504.
und erhöhte ſich bei beſonderen Anſprüchen; in dem Penſionspreiſe waren
die Koſten für ärztliche Behandlung, Koſt, Wohnung, Beleuchtung, Heizung,
Bedienung, Bäder u. ſ. w. enthalten; Nachtwachen, Wäſchereinigung,
Medikamente u. ſ. w. wurden beſonders berechnet; der Unternehmer wohnte
in der Anſtalt, der er ſeine ausſchließliche Thätigkeit widmete. Im Mai
1897 befanden ſich acht Kranke in der Anſtalt.
Der Anſtaltsinhaber wurde für 1897/98 in Klaſſe II zu 80 Al.
Gewerbeſteuer veranlagt; ſein Einſpruch und ſeine Berufung, in denen er
ausführte, daß er ſein Spezialfach als Irrenarzt ohne eine Anſtalt über-
haupt nicht ausüben könne und einer Anſtalt auch zu dem Zwecke ſeiner
dem Urtheile vom 11. Oktober 1894 nicht ausgeſprochen werden
ſollen, wenngleich einzelne darin enthaltene Wendungen, wie es
ſcheint, eine von dem Oberverwaltungsgerichte nicht beabſichtigte
Auffaſſung hervorgerufen haben. Namentlich war es nicht die
Abſicht des Oberverwaltungsgerichts, den ärztlichen Unternehmern
von Privatkrankenanſtalten den Gegenbeweis gegen ihre Gewerbe-
ſteuerpflicht aufzuerlegen. Keinesfalls rechtfertigt aber die Faſſung
des erwähnten Urtheils die Annahme, daß bei Prüfung der
Frage, ob die Anſtalt „als ſolche“ einen Gewinn abwirft und
danach als Gewerbebetrieb anzuſehen iſt, nicht bloß die Ver-
pflegungsgelder, ſondern auch die aus ihr fließenden ärztlichen
Honorare in Berechnung gezogen werden müßten. In dem vor-
letzten Satze des Urtheils (vergl. S. 254 Bd. III a. a. O) iſt
vielmehr nur ausgeſprochen, daß, wenn ſich die Privat-
krankenanſtalt eines Arztes als Gewerbebetrieb dar-
ſtellt, auch die aus ihr fließenden Honorare einen Theil des
Geſammtertrages bilden. An dieſem Satze wird, wie oben dar-
gelegt iſt, auch gegenwärtig feſtgehalten.“)
*) Als Entſcheidungen, die in Anwendung der dargelegten Grundſätze
ergangen, ſind unter Anderen folgende hervorzuheben:
4
Entſcheidung des VI. Senats, 1. Kammer, vom 5. Mai 1898.
Rep. VI. G. 874/97.
Ein approbirter Arzt, der ſich als „Arzt für Nervenkrankheiten“ be-
zeichnete und deſſen Spezialfach nach ſeiner Angabe dasjenige eines Irren-
arztes war, hatte am 1. Januar 1897 eine Privatirrenanſtalt für etwa
15 Kranke auf dem Lande errichtet. Nach dem Proſpekte war ſie für
Nerven- und Gemüthskranke beiderlei Geſchlechts mit Einſchluß der an
Morphinismus und Alkoholismus Leidenden beſtimmt; der monatliche
Penſionspreis betrug bei gleicher Ausſtattung der Zimmer 150 bis 2504.
und erhöhte ſich bei beſonderen Anſprüchen; in dem Penſionspreiſe waren
die Koſten für ärztliche Behandlung, Koſt, Wohnung, Beleuchtung, Heizung,
Bedienung, Bäder u. ſ. w. enthalten; Nachtwachen, Wäſchereinigung,
Medikamente u. ſ. w. wurden beſonders berechnet; der Unternehmer wohnte
in der Anſtalt, der er ſeine ausſchließliche Thätigkeit widmete. Im Mai
1897 befanden ſich acht Kranke in der Anſtalt.
Der Anſtaltsinhaber wurde für 1897/98 in Klaſſe II zu 80 Al.
Gewerbeſteuer veranlagt; ſein Einſpruch und ſeine Berufung, in denen er
ausführte, daß er ſein Spezialfach als Irrenarzt ohne eine Anſtalt über-
haupt nicht ausüben könne und einer Anſtalt auch zu dem Zwecke ſeiner