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Entscheidungen des Preussischen Oberverwaltungsgerichts in Staatssteuersachen — 8.1900

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Abtheilung I: Entscheidungen in Einkommensteuer- und Ergänzungssteuersachen (Nr. 1 - 85)
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https://doi.org/10.11588/diglit.62231#0063
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habe. Hierin liegt zweifelsfrei die Behauptung, daß er die
9000 , ſeinem Sohne unter Verzicht auf das Recht der Ver-
waltung und des Nießbrauchs während der Dauer der väterlichen
Gewalt zu Eigenthum übertragen habe. Es kann ſich daher nur
fragen, ob bei dieſer Uebereignung die dafür civilrechtlich er-
forderlichen Vorausſetzungen erfüllt ſind und ob namentlich die
etwa vorgeſchriebene Form beobachtet iſt. War dies der Fall,
ſo iſt unbedenklich von dem Zeitpunkt der Uebertragung an das
Eigenthum an den 9000 M mit ſämmtlichen darin enthaltenen
Befugniſſen, insbeſondere mit dem Recht zur Verwaltung, Nutzung
und Verfügung, für den Steuerpflichtigen erloſchen und auf ſeinen
— damals, wie nach dem Inhalt der Akten anzunehmen, bereits
großjährig geweſenen — Sohn übergegangen. Der Rechts-
gültigkeit dieſer Eigenthumsübertragung würde es auch keineswegs
entgegenſtehen, wenn der Steuerpflichtige hierbei von der Abſicht
geleitet geweſen wäre, durch die Zuwendung der 9000 M Kapital
wie Zinſen der Beſteuerung zu entziehen. Denn ein Vertrag,
welcher zu dem Zwecke eingegangen wurde, um der Anwendung
und den Nachtheilen eines anderen beſtimmten Geſetzes auszu-
weichen, iſt, wie das Reichsgericht in dem die Gültigkeit einer
Schenkung nach gemeinem Recht betreffenden Urtheil vom 3. Fe-
bruar 1882 (a. a. O. Bd. 6 S. 186) zutreffend hervorhebt, des-
halb allein noch nicht als zur Umgehung dieſes Geſetzes (in
fraudem legis) geſchloſſen anzuſehen. Keine Geſetzesvorſchrift,
namentlich nicht eine Beſtimmung des Einkommenſteuergeſetzes
oder des Ergänzungsſteuergeſetzes vom 14. Juli 1893, verbietet
insbeſondere den Steuerpflichtigen, zwecks Minderung der von
ihnen zu zahlenden Einkommen- oder Ergänzungsſteuer Beſtand-
theile ihres Vermögens ihren Kindern zu übereignen. Es muß
nur die Eigenthumsüberlaſſung ernſtlich gemeint, alſo nicht ſimulirt
ſein; denn ein Rechtsgeſchäft, bei deſſen Abſchluß die Kontrahenten
darüber einig ſind, daß es zwiſchen ihnen keinerlei Wirkung
haben, vielmehr nur Dritten als gewollt erſcheinen ſoll, iſt nichtig
und kann auch von jedem Dritten, der an der Aufhebung der
dadurch zum Schein herbeigeführten Rechtswirkungen, z. B. einer
ſimulirten Eigenthumsübertragung, ein Intereſſe hat, als rechts-
unwirkſam angefochten werden.

Wäre demnach anzuerkennen, daß Eigenthum und Nutzung
 
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