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Entscheidungen des Preussischen Oberverwaltungsgerichts in Staatssteuersachen — 9.1901

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Abtheilung I: Entscheidungen in Einkommensteuer- und Ergänzungssteuersachen (Nr. 1 - 90)
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https://doi.org/10.11588/diglit.62661#0331
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gleichstehende Verhandlung über die zweifelhaften Punkte in dieser
Beziehung stattgefunden hätte. Denn wenn nach erhobener Be-
rufung der Vorsitzende der Veranlagungskommission dem Steuer-
pflichtigen durch Verfügung vom 7. April 1899 mitgetheilt hat,
die Veranlagungskommission habe nicht die Ueberzeugung ge-
winnen können, daß der angegebene Ertrag dem tatsächlichen
Geschäftsumfange entspreche und deshalb die nachträgliche Be-
anstandung der Steuererklärung beschlossen, so kann dieser Er-
klärung die Bedeutung einer Beanstandung im Sinne des §. 38
a. a. O. schon deshalb nicht beigelegt werden, weil nach er-
folgter Veranlagung die genannte Kommission Zur Beanstandung
nicht mehr zuständig war (§. 38 des Einkommensteuergesetzes).^")
Auch die demnächst von dem Vorsitzenden der Berufungs-
kommission am 5. September 1899 erlassene Anfrage an den
Steuerpflichtigen, ob er zur Vorlegung seiner Geschäftsbücher
bereit sei, kann als eine Beanstandung der Steuererklärung nicht
angesehen werden (vergl. insbesondere Entscheidungen des Ober-
verwaltungsgerichts in Staatssteuersachen Bd. III S. 197). Eine
solche ist auch später nicht erfolgt; und die in verschiedenen
Punkten von den Angaben des Steuerpflichtigen abweichende
Feststellung des gewerblichen Einkommens in der Berufungsent-
scheidung beruht daher aus einem wesentlichen Verfahrensmangel
(vergl. a. a. O. Bd. I S. 159, Bd. VIII S. 179). Ueberdies ist
darin auch insofern gegen die Bestimmung des §. 10 Abs. 2 des
Einkommensteuergesetzes verstoßen, als die Zeit vom 1. Januar
bis 30. Juni 1896 bei der Durchschnittsberechnung des Einkom-
mens aus dem Getreidehandel außer Acht gelassen ist; der Um-
stand, daß in dieser Zeit der Geschästsumfang ein geringerer, als
in den solgenden Jahren war, kann zur Rechtfertigung davon
nicht dienen, da deshalb eine wesentliche Aenderung in der Quelle
selbst nicht angenommen werden kann. . (Siehe Bd. VIII S. 16
und 21 a. a. O.).
Bei freier Beurtheilung ist die Sache nicht spruchreif, sondern
zur anderweiten Entscheidung unter Berücksichtigung des Vor-
gesagten sowie des gesammten Inhalts der Akten einschließlich
der Beschwerdeschrift an die Berufungskommission zurückzugeben.

) Vergl. a. a. O. Bd. I S. 142.
 
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