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Entscheidungen des Preussischen Oberverwaltungsgerichts in Staatssteuersachen — 13.1909

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Abteilung I: Entscheidungen in Einkommensteuer- und Ergänzungssteuersachen (Nr. 1 - 84)
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https://doi.org/10.11588/diglit.62129#0137
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— 4—

kommenden Allgemeinen Landrechts ſind die Rechte und Pflichten

des Fideikommißbeſitzers hauptſächlich, d. h. in erſter Reihe, nach

dem Inhalte des Stiftungsbriefs und ſodann nach den geſetz-

lichen Vorſchriften vom nutzbaren Eigentume zu beurteilen. Im

vorliegenden Falle iſt im 8 3 der Stiftungsurkunde, in welcher

der Stifter gleichzeitig zwei Familienfideikommiſſe errichtete, be-
ſtimmt, daß die Amortiſationsfonds den Gütern verbleiben und
daß „mit ihnen einſchließlich der jährlichen Zuzahlungen die
auf den Gütern haftenden Rentenbankrenten, Pfandbriefe und

Schulden“ getilgt werden ſollen. Der Stifter hat danach

unzweideutig beſtimmt,

a) daß die Amortiſationsfonds fideikommiſſariſche Eigen-
ſchaft haben, d. h. daß ſie zu dem Fideikommiß und nicht
zu dem Allodialvermögen des Fideikommißbeſitzers gehören
(Entſcheidungen des Reichsgerichts in Zivilſachen Bd. 30
S. 278ff.),

b) daß ſie zur Tilgung von Verbindlichkeiten verwendet werden
ſollen, die bereits bei Errichtung des Fideikommiſſes vor-
handen waren und deshalb die Eigenſchaft von Subſtanz-
ſchulden des Fideikommiſſes haben (8 104 a. a. O.).

Nach der ausdrücklichen Beſtimmung des Stifters kann alſo
der Steuerpflichtige niemals einen Anſpruch auf die Amorti-
ſationsfonds erlangen, und die Fonds ſowohl wie die ihnen zu-
wachſenden Zinſen gelangen danach niemals in das Allodial-
vermögen des Steuerpflichtigen. Nach den Vorſchriften in den
SS 72, 73 a. a. O. ſteht dem Steuerpflichtigen als Fideikommiß-
beſitzer nur das nutzbare Eigentum des Fideikommiſſes zu,
während das Obereigentum ſich bei der Familie befindet. Die
Subſtanzſchulden ſind Schulden der Familie, und der Fidei-
kommißbeſitzer iſt zur Tilgung der Subſtanzſchulden nach SS 105,
106, 213 a. a. O. (Dernburg, Das bürgerliche Recht des
Deutſchen Reichs und Preußens, Bd. 3 4. Aufl. S. 454) aus den
Einkünften des Fideikommiſſes und aus ſeinen ſonſtigen Mitteln
nicht verpflichtet (vergl. auch Entſcheidungen des Oberverwaltungs-
gerichts in Staatsſteuerſachen Bd. 10 S. 189, 191; Bd. 11
S. 190). Mit der völligen Tilgung der Subſtanzſchulden ver-
ſchwinden auch die dazu zu verwendenden Amortiſationsfonds.

Entſcheid. d. K. Oberverwaltungsgerichts in Staatsſteuerſachen. 13. 7
 
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