Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Kleinjung, Christine; Johannes Gutenberg-Universität Mainz [Contr.]
Quellen und Forschungen zum Recht im Mittelalter (Band 11): Bischofsabsetzungen und Bischofsbild: Texte - Praktiken - Deutungen in der politischen Kultur des westfränkisch-französischen Reichs 835-ca. 1030 — Ostfildern: Jan Thorbecke Verlag, 2021

DOI Page / Citation link:
https://doi.org/10.11588/diglit.74403#0042
License: Creative Commons - Attribution - ShareAlike
Overview
Facsimile
0.5
1 cm
facsimile
Scroll
OCR fulltext
2. Texte, Praktiken und Deutungen des 9. Jahrhunderts

41

die Materialität und Medialität des Schriftstücks, mit dem Ebo seinen Verzicht
erklärte, spielten eine große Rolle im gesamten Prozess. Ein Sünder muss frei-
willig seine Sünden bekennen und um Buße bitten. Die Exkommunikation ist
dagegen eine Beugestrafe, die zur besseren Einsicht führen soll.
Bei seiner Absetzung in Diedenhofen bekannte Ebo öffentlich seine Sünden
und verzichtete freiwillig auf sein Amt. Es handelte sich um eine Resignation120.
Wie Steffen Patzold herausgearbeitet hat, wurde hier in einem Ritual das in den
820er Jahren entwickelte Wissen über Bischöfe reproduziert und bestätigt.
Über den Ablauf von Ebos Sturz und Resignation erfahren wir aus den
offiziösen Annales Bertiniani121: Auf der Synode von Diedenhofen erklärte Ebo,
dass Kaiser Ludwig zu Unrecht abgesetzt und nun in gerechter Weise wieder auf
den Thron gesetzt worden sei. Bei dieser Wiedereinsetzung Ludwigs des
Frommen waren die Bischöfe ebenso wie die Teilnehmer der Reichsversamm-
lung, die in der nahen Pfalz Diedenhofen abgehalten wurde, anwesend. Es ist
keine Frage, dass auch der Absetzungsprozess unter Anwesenheit des Kaisers
stattfand, nur seine Einflussnahme auf das Verfahren wird in den verschiedenen
Textgattungen ganz unterschiedlich akzentuiert. Die Synodalquellen heben
wenig überraschend die Handlungen der Bischöfe hervor:
Im Bericht zu 835, wie er später auf den Synoden von 853 und 867 und bei
Flodoard reproduziert wurde, spielen die drei Beichtväter eine entscheidende
Rolle. Ihnen beichtete Ebo im Geheimen, und deshalb konnten nur sie das Ver-
fahren gegen Ebo einleiten, da sie wussten, was er gesagt hatte, und sie allein
konnten die Öffentlichkeit, bestehend aus den anderen Bischöfen, dem Kaiser
und anderen Teilnehmern der Versammlung, informieren.
Die drei bischöflichen Beichtväter teilen mit, dass Ebo aufgrund gewisser
Vergehen (quibusdam criminibus), die er ihnen gebeichtet habe, sein bischöfliches
Amt (officium pontificale) nicht länger ausüben könne122. Sie bekräftigen öffent-

eindeutig rechtlich zu klären, ob es sich um einen formellen Amtsverzicht handelte. Dies zeigen

auch die widersprüchlichen Quellenberichte.

120 Zu den Ereignissen 835 vgl. Patzold, Episopus, S. 196-198.

121 Annales Bertiniani, ad. a. 835, ed. Grat, S. 15-17.

122 MGH Cone. 11,2, S. 702 ff: Acta est haec Ebonis professio eiusque propriae manus subscriptione roborata
in conventu synodali generaliter habito apud Teodonis villam anno incarnationis domini nostri lesu
Christi MCCCXXXV, anno etiam imperii gloriosi Caesaris Hludowici XXIII., indictione XIII., sub die
Kalendarum quarto Nonas Martii. Hi sunt episcopi, qui confessionem manu sua propria firmatam au-
dierunt, in qua continebatur, quod ipse Ebo pro quibusdam criminibus, quae confessoribus suis, Aiulfo
archiepiscopo, Badarado episcopo, Modoino episcopo, Achardo episcopo, Theoderico episcopo et Notoni
archiepiscopo confessus est, nullatenus officium pontificale agere deberet. Nam et ipsi testes, eodem Ebone
poscente et coram adstante, in conspectu omnium, qui adfuerunt, tarn episcoporum quam et caeterorum
sacerdotum, viva voce testificati sunt, quia tale peccatum eis confessus fuerat, pro quo dignus non erat
episcopale ministerium ultra iam agere. Sed et hoc ipsi testes et confessores sui intulerunt, quia, si idem
peccatum ante ordinationem admisisset, nullo modo episcopus ordinari debuisset. Pro qua re ad eorum
consilium dixit se idem Ebo coram omnibus ad ministerium episcopale indignum fore et ab eo recedere
debere et sub paenitentiae modo Dominum sibi propitium facere velle. Nam et episcopi secundum con-
fessionem ipsius manu sua propria röboratam et testimonium confessorum suorum decreverunt, ut a
ministerio recederet pontificali et aliis orationum officiis, excubiis Domino serviendo, eum sibi propitium
faceret.
 
Annotationen