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Kleinjung, Christine; Johannes Gutenberg-Universität Mainz [Contr.]
Quellen und Forschungen zum Recht im Mittelalter (Band 11): Bischofsabsetzungen und Bischofsbild: Texte - Praktiken - Deutungen in der politischen Kultur des westfränkisch-französischen Reichs 835-ca. 1030 — Ostfildern: Jan Thorbecke Verlag, 2021

DOI Page / Citation link:
https://doi.org/10.11588/diglit.74403#0202
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5. Richers Darstellung des Reimser Bistumsstreits: Die Bischöfe als Mahner

201

Richers Vorstellungswelt, seine Erwartungshaltung und seine Darstellung eines
Konfliktes, hier einer Doppelbesetzung eines Bistums, geben.
Welche Unterschiede lassen sich im Vergleich zu Flodoard fassen? Betont er
symbolische Kommunikation stärker und lässt sich eine veränderte Einschät-
zung des Verhältnisses von König und Fürsten, König und Bischöfen finden?
Die Vorgeschichte und den wechselvollen Verlauf des Bistumsstreits schildert
Richer wenig überraschend in großer Übereinstimmung zu Flodoard, da dessen
Annalen ihm als Hauptquelle dienten. Er kannte zwar auch die Historia, be-
nutzte diese aber offenbar nicht bei der Darstellung dieses Ereignisses. Den Li-
bellus Artoldi verwendete er jedenfalls nicht.
Obwohl er diese Klageschrift Artolds nicht benutzte, charakterisiert er im
Gegensatz zu Flodoard Bischof Hugo von Vermandois negativer. Er erscheint bei
Richer als Marionette seines Onkels: Nach der Eroberung von Reims durch Hugo
Magnus und seine Verbündeten, habe Heribert von Vermandois seinen Neffen
überredet, dass er das Bischofsamt (officium pontificale) besser betreiben könne.
Und Richer urteilt vernichtend über Hugo: „Und obwohl er selbst kaum würdig
erschien, hob er andere in den Bischofsstand. Tetbald etwa, einen Diakon der
Kirche von Soissons, weihte er zum Priester und danach, auf Anweisung des
Herzogs, (duce agente) zum Bischof von Amiens"829.
Dass das Wesen des „Bischofs sein" das Ausüben eines Amtes ist und um das
Ausüben sichtbar zu machen dazu Handlungen wie Weihen gehören, weiß auch
Richer. Ebenso bewusst ist ihm offenbar die Problematik der persönlichen
Würde.
Richer folgt anschließend wieder eng den Annalen Flodoards: Die Bischöfe
konnten keine Entscheidung treffen, bevor nicht eine Synode einberufen wurde.
In der Zwischenzeit soll Artold den Reimser Sitz zurückerhalten und Hugo wird
befohlen, in Mouzon zu bleiben. Zur Synode in Verdun erschien Hugo trotz
Vorladung nicht830. Zur Synode von Mouzon referiert er ebenfalls Flodoards
Schilderung831.

829 Richer, Historiae II, c. 64, S. 144.

830 Ebd. II, c. 65 und 66.

831 Ebd. II, c. 67: Mouzon findet unter Vorsitz Roberts von Trier statt. Der Brief des Papstes Agapit II.
scheint nachdem er gelesen worden war, nichts von kanonischer Autorität zu enthalten (nihil
canonice auctoritatis habere videbatur), nichts außer dass diesem (Hugo) die Bischofsgewalt
(episcopium) zurückgegeben werden solle. Auch bei Richer werden Beschlüsse des Konzils von
Karthago rezitiert und gemäß diesen Beschlüssen wird das Urteil gefällt: Artold erhält sein
Bistum (parrochia) zurück, Hugo soll von der Herrschaft des Episkopats (regimen episcopii) zu-
rücktreten. Der Urteilsspruch wurde in Urkundenform schriftlich niedergelegt und Hugo zu-
gesandt.
 
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