24
1. Einleitung
sein? Abstrakter formuliert: Es geht um Textverständnis, Kontextualisierung im
Diskurs und historische Einordnung.
Unterschiedliche Rechtsthemen erfordern auch unterschiedliche Zugriffe in
den einzelnen Kapiteln dieser Arbeit. Teils ist dies im Beschluss selbst begründet,
teils bedingt sich dies durch die Quellen, die zur Interpretation und Kontex-
tualisierung der Kapitularsbeschlüsse herangezogen werden können.76 Das
Königskapitular soll in dieser Arbeit jedoch mehr als ein bloßer Anlass zu
rechtshistorischen Einzelstudien zu den im Kapitular behandelten Rechtsthe-
men sein. Das Ziel ist vielmehr die Interpretation des Kapitulars in seiner Ge-
samtheit als wichtige Quelle aus der Zeit kurz nach dem Dynastiewechsel und
die Beantwortung der daran anknüpfenden, übergeordneten Frage von der
Bedeutung des Rechts für Pippin und sein Königtum. Dieses Ziel macht jedoch
zunächst einige Vorüberlegungen zur Authentizität, Überlieferung und Datie-
rung des Königskapitulars nötig, bevor die einzelnen Beschlüsse selbst in den
Mittelpunkt rücken können.
1.2 Authentizität und Überlieferung des Königskapitulars77
Das Königskapitular Pippins, das von seinem letzten Editor, Alfred Boretius, den
Kunsttitel Pippini regis capitulare erhielt und von seinem vorherigen Editor
Georg Heinrich Pertz Pippini regis capitulare incerti anni genannt wurde, ist
ohne eine Praefatio oder ähnliches überliefert.78 Lediglich ein Incipit, das in drei
Handschriften überliefert ist, gibt einen Hinweis auf den Ursprung der Kapi-
telliste: „Es beginnen die Kapitel der anderen Synode, die unter dem Herrn
König Pippin selbst stattfand."79 Das bedeutet, dass das Kapitular auf eine
Versammlung zurückgeht, zu der unter dem Vorsitz Pippins sowohl weltliche
als auch geistliche Große zusammenkamen.
Dass die letzten drei Kapitel des Kapitulars mit Münzgewicht, Immunitäten
und Gerichtswesen eher weltliche Themen behandeln, führte zu Zweifeln, ob es
sich bei dem Text überhaupt um das Produkt einer Synode handeln könne.80 Eine
scharfe Trennung zwischen rein weltlichen Versammlungen auf der einen und
rein geistlichen Versammlungen auf der anderen Seite scheint es in der Mitte des
8. Jahrhunderts jedoch nicht gegeben zu haben. Für die Synoden von Les
76 So liegt es beispielsweise in der Natur der Sache, dass Zollurkunden eine andere Herange-
hensweise erfordern als Münzen oder Vorlagen nur behandelt werden können, wenn entspre-
chende Quellen überliefert sind.
77 Die hier für die Überlieferung des Königskapitulars verwendeten Siglen stammen von Mordek,
Bibliotheca capitularium. Eine Übersicht der hier vorkommenden Siglen findet sich auch im
Anhang dieser Arbeit (Kap. 7.2) und online unter http://capitularia.uni-koeln.de/mss/key/.
78 Pippini regis capitulare, in: MGH Capit. 1, Nr. 13, S. 31 f.; Pippini regis capitulare incerti anni, in:
MGH LL 1, Nr. 17, S. 30f.
79 P, V und V20: INCIPIUNT CAPITULA DE ALIA SINODO [V: SYNODO] SUB IPSO DOMNO
REGE PIPPINO FACTA [V20: FACTO].
80 Vgl. Hartmann, Synoden, S. 68.
1. Einleitung
sein? Abstrakter formuliert: Es geht um Textverständnis, Kontextualisierung im
Diskurs und historische Einordnung.
Unterschiedliche Rechtsthemen erfordern auch unterschiedliche Zugriffe in
den einzelnen Kapiteln dieser Arbeit. Teils ist dies im Beschluss selbst begründet,
teils bedingt sich dies durch die Quellen, die zur Interpretation und Kontex-
tualisierung der Kapitularsbeschlüsse herangezogen werden können.76 Das
Königskapitular soll in dieser Arbeit jedoch mehr als ein bloßer Anlass zu
rechtshistorischen Einzelstudien zu den im Kapitular behandelten Rechtsthe-
men sein. Das Ziel ist vielmehr die Interpretation des Kapitulars in seiner Ge-
samtheit als wichtige Quelle aus der Zeit kurz nach dem Dynastiewechsel und
die Beantwortung der daran anknüpfenden, übergeordneten Frage von der
Bedeutung des Rechts für Pippin und sein Königtum. Dieses Ziel macht jedoch
zunächst einige Vorüberlegungen zur Authentizität, Überlieferung und Datie-
rung des Königskapitulars nötig, bevor die einzelnen Beschlüsse selbst in den
Mittelpunkt rücken können.
1.2 Authentizität und Überlieferung des Königskapitulars77
Das Königskapitular Pippins, das von seinem letzten Editor, Alfred Boretius, den
Kunsttitel Pippini regis capitulare erhielt und von seinem vorherigen Editor
Georg Heinrich Pertz Pippini regis capitulare incerti anni genannt wurde, ist
ohne eine Praefatio oder ähnliches überliefert.78 Lediglich ein Incipit, das in drei
Handschriften überliefert ist, gibt einen Hinweis auf den Ursprung der Kapi-
telliste: „Es beginnen die Kapitel der anderen Synode, die unter dem Herrn
König Pippin selbst stattfand."79 Das bedeutet, dass das Kapitular auf eine
Versammlung zurückgeht, zu der unter dem Vorsitz Pippins sowohl weltliche
als auch geistliche Große zusammenkamen.
Dass die letzten drei Kapitel des Kapitulars mit Münzgewicht, Immunitäten
und Gerichtswesen eher weltliche Themen behandeln, führte zu Zweifeln, ob es
sich bei dem Text überhaupt um das Produkt einer Synode handeln könne.80 Eine
scharfe Trennung zwischen rein weltlichen Versammlungen auf der einen und
rein geistlichen Versammlungen auf der anderen Seite scheint es in der Mitte des
8. Jahrhunderts jedoch nicht gegeben zu haben. Für die Synoden von Les
76 So liegt es beispielsweise in der Natur der Sache, dass Zollurkunden eine andere Herange-
hensweise erfordern als Münzen oder Vorlagen nur behandelt werden können, wenn entspre-
chende Quellen überliefert sind.
77 Die hier für die Überlieferung des Königskapitulars verwendeten Siglen stammen von Mordek,
Bibliotheca capitularium. Eine Übersicht der hier vorkommenden Siglen findet sich auch im
Anhang dieser Arbeit (Kap. 7.2) und online unter http://capitularia.uni-koeln.de/mss/key/.
78 Pippini regis capitulare, in: MGH Capit. 1, Nr. 13, S. 31 f.; Pippini regis capitulare incerti anni, in:
MGH LL 1, Nr. 17, S. 30f.
79 P, V und V20: INCIPIUNT CAPITULA DE ALIA SINODO [V: SYNODO] SUB IPSO DOMNO
REGE PIPPINO FACTA [V20: FACTO].
80 Vgl. Hartmann, Synoden, S. 68.