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Trump, Dominik; Universität zu Köln [Mitarb.]; Jan Thorbecke Verlag [Mitarb.]
Quellen und Forschungen zum Recht im Mittelalter (Band 13): Römisches Recht im Karolingerreich: Studien zur Überlieferungs- und Rezeptionsgeschichte der Epitome Aegidii — Ostfildern: Jan Thorbecke Verlag, 2021

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https://doi.org/10.11588/diglit.74405#0217
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216

6. Pippin und das Königskapitular

ausgearbeitet hat,18 auch wenn sich diese Betonung des Frankentums am Kö-
nigskapitular selbst nicht zeigen lässt.19
Die Parallelen zwischen den langobardischen Königen und Pippin sind zu
zahlreich, um sie alle auf Zufälle zurückführen zu können. Auch wenn die
Nachahmung meist nicht bewiesen und der Weg der Rezeption nicht nachge-
zeichnet werden kann, lässt sich nicht bestreiten, dass Pippin sich in seinem
Verhalten als König teilweise an langobardischen Vorbildern, vor allem am in der
Zeit um den Dynastiewechsel herum herrschenden Aistulf orientierte. Pippins
Strategien zur Absicherung des Dynastiewechsels und sein beispielweise im
Königskapitular sichtbares königliches Handeln sind jedoch nicht nur bloße
Nachahmung fremder Herrscher. Beispielsweise für die Beschränkung der Prä-
gegebühr für Münzen — eine Maßnahme zur Beschleunigung der Umprägung
merowingischer Münzen zu Münzen Pippins — findet sich kein langobardisches
Vorbild, so dass hier die Eigenständigkeit von Pippins Handeln betont werden
muss, auch wenn er in der Gestaltung seiner Münzen dem langobardischen
Vorbild gefolgt ist. Das Vorhandensein von möglichen oder tatsächlichen Vor-
bildern für das Handeln Pippins sollte jedoch nicht zum Anlass genommen
werden, seine eigene Leistung herabzusetzen. Denn zumindest manches Phä-
nomen südlich der Alpen, das als Vorbild in Frage kommt, war noch so jung, dass
es keine langfristigen Erfahrungswerte gab, ob es sich bewähren sollte oder nicht.
Generell stellt sich die Frage, ob die aufgezeigten Übereinstimmungen allein
als Imitation königlichen Verhaltens zu bewerten sind. Neben der Absicherung
des Dynastiewechsels und seiner Macht ist als weiteres Motiv Pippins sicherlich
auch das Streben nach Gleichrangigkeit mit dem einzigen König seiner Zeit
anzunehmen, der über ein Großreich herrschte. Spätestens mit seinen zwei Sie-
gen über Aistulf konnte Pippin zeigen, dass er dem langobardischen König zu-
mindest auf militärischem Gebiet nicht nur ebenbürtig, sondern sogar überlegen
war.
Es bleibt die Frage zu klären, wie stark Pippin selbst im Königskapitular
sichtbar wird. Das Kapitular ging auf eine Versammlung zurück, die sowohl von
geistlichen als auch weltlichen Großen besucht worden war. Namen von Teil-
nehmern dieser synodus sind nicht bekannt. Damit ist natürlich ebenso wenig
bekannt, wer nicht teilnahm. Bonifatius dürfte ähnlich wie bei der Salbung
Pippins in St-Denis nicht anwesend gewesen sein. Im Laufe dieser Untersuchung
wurde gezeigt, dass das Königskapitular zwar Rechtsauffassungen widerspie-
gelt, die von Bonifatius' Vorstellungen abweichen, aber dass die Kapitelliste kein
antibonifatianisches Dokument im engere Sinne ist.20 Ob sich Anhänger und
Vertraute des Bonifatius unter den Teilnehmern befanden, lässt sich nicht be-

18 Vgl. Reimitz, History, S. 323-334. Auffällig ist, dass der sogenannte lange Prolog zur Lex Salica,
der der unter Pippin entstandenen D-Fassung vorangeht, auch intensiv das Frankentum betont.
Zum langen Prolog der Lex Salica und dessen Verhältnis zum Prolog der Lex Baiuvariorum vgl.
Ubl, Sinnstiftungen, S. 167-169, 175-181.

19 Nur indirekt bestehen Bezüge über Pippins Münzprägung, auf der teilweise der Rex Francorum-
Titel verwendet wird.

20 Vgl. oben Kap. 2.3.2.
 
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