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Galerie Flechtheim [Contr.]
Der Querschnitt — 1.1921

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Heft 1
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Spengemann, Christof: Der Künstler im Urteil seiner Zeitgenossen
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https://doi.org/10.11588/diglit.62259#0064
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DER KÜNSTLER

IM URTEIL SEINER ZEITGENOSSEN

Das ist sehr lustig!

Achtzehnhundertvierzig: - von der modernen Poesie laßt uns
hier ein Wort einschalten. Bei ihr ist nicht die Rede von großen
Männern, - wohl aber von krankhaften Zuständen. Sagen wir’s
nur immer gerade heraus: Hypochondrie, entgeistete, grämliche
Hypochondrie ist die Amme der modernen Literatur, und man wird

ILSE BEHRENS Kopf (Stein)


nächstens, zur rich-
tigen Beurteilung
unserer jüngsten
Dichter, des Arztes
statt des Rezen-
senten bedürfen.“ -
Es wird nicht
die erste Feststel-
lung dieser Art ge-
wesen sein. Die
letzte ist es be-
stimmt nicht. Jüng-
ster Befund (1920):
dementia präcox.
Ja (fügen alle
würdigen Meister
vom Stuhl hinzu):
in dumpfer Um-
nachtung wendet
sich diese unselige
junge Generation
ab von der alten
bewährten Kunst-
form —
Von jener
nämlich (sagen wir),
deren Urhebern der
Dr. med. Ernst Frei-
herr von Feuchters-
ieben - den Arzt
statt des Rezen-
senten verordnete.
(„Zur Diätetik der
Seele“.)

Ja, jal
Die Konfirmanden werden immer kleiner, - eine Feststellung,
die jeder Dreißigjährige mindestens zwanzig Palmsonntage immer
wieder vernommen hat. Jeder Vierzigjährige dreißig, jeder Fünfzig-
jährige vierzig - - -
Wir werden schließlich Flöhe konfirmieren müssen.

Unser Leben währet siebzig Jahre. Deshalb: weil man den
alten Witz nicht länger als sechzig ertragen kann.

Christof Spengemann.

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