Kupfer aus: Neujahrsgeschenk für gute und
fromme Kinder, Stuttgart um 1815
ALTE KINDERBÜCHER
Von
KARL HOBRECKER
Die Jugendliteratur wurde weniger im Interesse der Kinder als
in dem der Eltern geschaffen. Pädagogisch bezopfte Ge-
lehrsamkeit verdarb das Kinderbuch von dem Tage an, wo es künst-
lich gezüchtet wurde, und reichte statt einfacher Kost ein geschmack-
loses Zeug, ungenießbar durch den Aufguß einer fade-süßen Mo-
ralsuppe. Die große Masse aller literarischen Jugendunterhaltung
wurde immer in den Dienst der Erziehung gestellt.
Diesem Ungeschick begegnen wir nicht nur in dem Jahrhundert
der Philanthropisten, die einem gutgemeinten, aber verfehlt angelegten
Jugendschrifttum zum Dasein verhalfen, sondern schon früher. Was
wir aus alter Zeit Gutes kennen, ist nur recht wenig.
Das erste gedruckte Buch in Kinderhänden war damals die Fibel.
In ihrer einfachsten Form nur ein Blatt mit den Buchstaben des
ABC's, wurde sie bald durch Leseübungen ergänzt: die einzelnen
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