aber nicht „piruettiert" wird. („Piruettieren" heißt die spanische Sitte, den Frauen
auf der Straße alles Mögliche und Unmögliche nachzurufen.) Sonst findet man
Eleganz nur noch am Strand von Estoril. Dort gibt es zwei Kasinos, in denen
gespielt wird. Das Badeleben ist mehr familiär als unsolid. Aber die Männer
gaffen so unverhohlen, wie man es sonst nicht leicht sieht. Die Badevorschriften
sind streng: man darf nur im Bademantel von seinem Zelt zum Wasser gehn, und
bis vor zwei Jahren waren Trikotanzüge für Damen verboten. Man sieht auch
keine Strandanzüge, niemand macht Gymnastik, und die Frauen können selten
schwimmen. Saison ist August und September, da den Portugiesen vorher das
Wasser zu kalt ist. Es gibt aber Deutsche, die das ganze Jahr durch baden. Die
Sonne hält man für gefährlich, deshalb haben die Männer aus dem Volk im
Sommer dicke, schwarzwollene Zipfelmützen auf, und die Frauen, die sonst ohne
Hut gehen und selten kurze Haare haben, tragen zur Arbeit Kopftücher. Den
Kindern setzt man riesengroße Strohhüte auf. Die Studenten gehen ohne Kopf-
bedeckung und Sommer und Winter in schwarzem Gehrock und großem,
schwarzem Cape, das unten möglichst ausgefranst sein muß. (Verbindungen gibt
es nicht.)
Wie fährt man nach Portugal? Der schnellste, direkte Weg ist der mit dem
teuren Süd-Expreß Paris—Lissabon. Die Seereise I. Klasse ist billiger. Hat man
Zeit, fährt man am besten über Paris—Madrid und sieht sich unterwegs Spanien
an. Die Eisenbahn ist nicht teuer, und die neuen Wagen sind bequem. Portugal
ist das Land der verhältnismäßig wenigsten Eisenbahnunfälle. Vielleicht kommt
das daher, daß die meisten Strecken nur eingleisig sind, und daß das Netz über-
haupt klein ist. Die Bahnwärter sind fast ausschließlich Frauen. Vor der Einfahrt
nach Lissabon müssen sämtliche Züge sämtlicher Strecken durch einen fünf
Minuten langen Tunnel, der im Sommer geradezu teuflisch ist. Schweiß- und
rußbedeckt kommt man heraus. Autofahren ist in Portugal nicht ganz einfach.
Die Portugiesen sind gewandte, aber leichtsinnige Fahrer. Die Straßen sind
— bis auf die Hauptstraßen nach Coimbra, Oporto, Sevilla, Estoril und Cintra —
fast alle sehr schlecht, ganz im Gegensatz zu den fabelhaften Straßen in Spanien.
Sogar die Straße von Lissabon nach Oporto ist in den Dörfern so eng, daß
manchmal nicht zwei Wagen aneinander vorbeikommen können. Der Staat hat
es als das vorteilhafteste herausgefunden, den Bau der einzelnen Straßen zu ver-
pachten. Dabei wird natürlich viel hin- und hergeschoben, und die so ent-
standenen Straßen haben eine kurze Lebensdauer. Die Brücken unterstehen einem
andern Amt als die Straßen, und man kann daher mit ihnen die unangenhmsten
Überraschungen erleben. Gefährlich wird das Fahren auch durch die Mauern,
die einen Überblick an den Kurven verhindern und zum Überfluß an vielen
Stellen eingefallen sind, so daß oft mitten auf der Straße große Steine liegen. Aber
das Auto ist trotzdem das bequemste Mittel, das Land kennen zu lernen. Die
Möglichkeit zu übernachten hat man nur in Städten, selbst in größeren Dörfern
bestehen die Wirtshäuser nur aus einer Theke. Bequem kann man also das Reisen
in Portugal nicht nennen, aber dafür hat man das seltene Vergnügen, in einem
Lande zu sein, das noch gar nicht überlaufen ist. Die Einwohner sind nicht auf
den Fremdenverkehr dressiert, und man hat wirklich noch die Möglichkeit, Ent-
deckungen zu machen.
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auf der Straße alles Mögliche und Unmögliche nachzurufen.) Sonst findet man
Eleganz nur noch am Strand von Estoril. Dort gibt es zwei Kasinos, in denen
gespielt wird. Das Badeleben ist mehr familiär als unsolid. Aber die Männer
gaffen so unverhohlen, wie man es sonst nicht leicht sieht. Die Badevorschriften
sind streng: man darf nur im Bademantel von seinem Zelt zum Wasser gehn, und
bis vor zwei Jahren waren Trikotanzüge für Damen verboten. Man sieht auch
keine Strandanzüge, niemand macht Gymnastik, und die Frauen können selten
schwimmen. Saison ist August und September, da den Portugiesen vorher das
Wasser zu kalt ist. Es gibt aber Deutsche, die das ganze Jahr durch baden. Die
Sonne hält man für gefährlich, deshalb haben die Männer aus dem Volk im
Sommer dicke, schwarzwollene Zipfelmützen auf, und die Frauen, die sonst ohne
Hut gehen und selten kurze Haare haben, tragen zur Arbeit Kopftücher. Den
Kindern setzt man riesengroße Strohhüte auf. Die Studenten gehen ohne Kopf-
bedeckung und Sommer und Winter in schwarzem Gehrock und großem,
schwarzem Cape, das unten möglichst ausgefranst sein muß. (Verbindungen gibt
es nicht.)
Wie fährt man nach Portugal? Der schnellste, direkte Weg ist der mit dem
teuren Süd-Expreß Paris—Lissabon. Die Seereise I. Klasse ist billiger. Hat man
Zeit, fährt man am besten über Paris—Madrid und sieht sich unterwegs Spanien
an. Die Eisenbahn ist nicht teuer, und die neuen Wagen sind bequem. Portugal
ist das Land der verhältnismäßig wenigsten Eisenbahnunfälle. Vielleicht kommt
das daher, daß die meisten Strecken nur eingleisig sind, und daß das Netz über-
haupt klein ist. Die Bahnwärter sind fast ausschließlich Frauen. Vor der Einfahrt
nach Lissabon müssen sämtliche Züge sämtlicher Strecken durch einen fünf
Minuten langen Tunnel, der im Sommer geradezu teuflisch ist. Schweiß- und
rußbedeckt kommt man heraus. Autofahren ist in Portugal nicht ganz einfach.
Die Portugiesen sind gewandte, aber leichtsinnige Fahrer. Die Straßen sind
— bis auf die Hauptstraßen nach Coimbra, Oporto, Sevilla, Estoril und Cintra —
fast alle sehr schlecht, ganz im Gegensatz zu den fabelhaften Straßen in Spanien.
Sogar die Straße von Lissabon nach Oporto ist in den Dörfern so eng, daß
manchmal nicht zwei Wagen aneinander vorbeikommen können. Der Staat hat
es als das vorteilhafteste herausgefunden, den Bau der einzelnen Straßen zu ver-
pachten. Dabei wird natürlich viel hin- und hergeschoben, und die so ent-
standenen Straßen haben eine kurze Lebensdauer. Die Brücken unterstehen einem
andern Amt als die Straßen, und man kann daher mit ihnen die unangenhmsten
Überraschungen erleben. Gefährlich wird das Fahren auch durch die Mauern,
die einen Überblick an den Kurven verhindern und zum Überfluß an vielen
Stellen eingefallen sind, so daß oft mitten auf der Straße große Steine liegen. Aber
das Auto ist trotzdem das bequemste Mittel, das Land kennen zu lernen. Die
Möglichkeit zu übernachten hat man nur in Städten, selbst in größeren Dörfern
bestehen die Wirtshäuser nur aus einer Theke. Bequem kann man also das Reisen
in Portugal nicht nennen, aber dafür hat man das seltene Vergnügen, in einem
Lande zu sein, das noch gar nicht überlaufen ist. Die Einwohner sind nicht auf
den Fremdenverkehr dressiert, und man hat wirklich noch die Möglichkeit, Ent-
deckungen zu machen.
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