Galerie Flechtheim [Mitarb.]
Der Querschnitt
— 10.1930
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Heft 7
DOI Artikel:Hauser, Heinrich: Die letzten Segelschiffe
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Rolf Salvatini
Koch und Küchenjunge einbegriffen —,
kommen im ganzen viel längere Zeiten
heraus. Bei dem schweren Sturm im
Kanal war eine Wache 43 Stunden und
die andere Wache 48 Stunden ununter-
brochen an der Arbeit. Schließlich
schliefen uns die Leute auf den Raaen
ein. Und welche Arbeit! Wenn die
großen Segel gerefft werden oder die
Raaen gebraßt, müssen ganz ungeheure
Gewichte gehandhabt werden. Wenn bei
den eisigen Stürmen von Cap Horn die
Segel steifgefroren sind wie Blech, wenn
das Deck vereist und große Schneemassen
aus der Takelage fallen, dann gibt es
blutige Finger; das ist alles so, daß ein
Landbewohner es sich wahrhaftig nicht
vorstellen kann. Es ist wie Krieg.
Aber es ist trotzdem schön. Es ist das wirkliche Leben, stark, einfach, un-
erbittlich und getragen von einer wunderbaren Kameradschaft. Und wenn es
hinter uns liegt, wenn wir unsern Zeugsack packen und an Land gehen, dann
singen wir heute noch das alte Seemannslied:
„The biscuits was as hard as brass
And the beef as salt as Lot's wife's arse
0 Jonny Lever
Jonny Lever 0 !
MATROSENLIED
Holder Jüngling, du mußt fliehen,
willst nicht länger bei mir sein,
in die Ferne willst du ziehen,
sag, mein Schatz, was tat ich dir?
Hörst du nicht die Wellen rauschen,
ihr Getöse macht mir Schmers,
die Gesänge der Matrosen,
die zerreißen mir das Her^.
Denkst du noch an jene Stunde,
wo wir uns querst gesehn,
Liebe sprach aus deinem Munde,
damals warst du jung und schön,
damals warst du froh und heiter,
damals warst du nie betrübt,
undjetyt willst du wieder weiter,
fort von der, die dich geliebt?
Oder hast im fernen Lande
eine andre, die dich liebt,
die sich knüpft in unsre Bande,
die sich dir pur Frau ergibt?
Hörst du nicht, so muß ich weinen,
denn du warst mein ganzes Glück,
nimm mich mit hin ^u den Deinen,
laß mich nicht allein zurück !
Als der Jüngling früh am Morgen
sich aus ihren Armen wand,
frei von Kummer, frei von Sorgen,
eilt er hin ^m Meeresstrand.
Wo die mächtgen Wellen rauschen,
wo dem Seemann steht sein Grab,
fern von der, die er betrogen,
in den Wellen war sein Grab.
(Mitgeteilt vom Hofsänger Erich Wolfram.)
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