öffentlicht u. auch dies wird sicher meiner Braut aufgestoßen sein. -
Endlich eines Tages stellte sie mir das Ultimatum, ihr alle Urkunden pp., die
ich von ihrem Schwager besaß, unverzüglich zurückzusenden u. zwar an eine mir
jetzt entfallene schweizer Adresse, wohin sie sich, um einem etwaigen Eklat aus
dem Wege zu gehen, begeben hatte. Zudem wurde mir der Boden unter meinen
Füßen immer heißer bezüglich der unerlaubten Haftentlassungen, die ich vor-
genommen hatte, und ich entschloß mich jetzt reinen Tisch zu machen. Der Auf-
regungen hatte ich genug. Ich erinnerte mich des Hauptm. Hornemann, zumal
ich von meiner Dienststelle keinen längeren Urlaub bekommen konnte, zumin-
desten nicht nach der Schweiz u. fuhr nach Magdeburg, wo Hornemann, wie ich
wußte, Leiter der Abwicklungsstelle war, um von ihm als Gegendienst die Ein-
reiseerlaubnis nach der Schweiz zu erwirken. H. war aber bereits verhaftet u. mein
Schicksal ereilte mich in Gestalt eines früheren Schulkameraden, namens Eberleh,
der den freigewordenen Posten Hornemanns eingenommen hatte. Dieser erkannte
mich u. führte mich zu H. in der Militär-Arrestanstalt, Magdeburg, Landwehr-
straße. Hier wurde mir der Prozeß gemacht u. es kam ans Tageslicht, daß ich bei
einem bekannten Berliner Justizrat Schmilensky, Charlottenburg, 4 Monate als
Generalsubstitut Freiherr v. Eschenbach tätig war u. als solcher Zivil- und Straf-
prozesse mit Erfolg geführt hatte.
Ich wurde aus der Untersuchungshaft wegen Krankheit zunächst entlassen, da
mein Onkel für mich gutgesagt hatte, hielt mich aber bei diesem nicht auf, sondern
meldete mich als Polizeioffizier nach Hannover, von wo aus ich mich nach Berlin
versetzen ließ u. in den Rang des Oberleutnants aufrückte. Hier habe ich mich in
Trunkenheit selbst verraten, indem ich als Kontrolloffizier in einem Neuköllner
Restaurant i. d. Hermannstraße, wo der Sparverein „Edler Pfennig" Stiftungsfest
feierte, mich von dem Vorsitzenden nach überschrittener Polizeistunde mit
Schnaps traktieren ließ u. in Uniform mittanzte. Dieser Verein bestand größten-
teils aus Ganoven u. ein Mitglied erkannte mich aus früheren Tagen im Unters.
Gefgs. Moabit wieder u. übte nun einen Druck auf mich aus, ihm beim nächsten
Abstoß einer Sohre (Hehlergut), die aus einem von mir als Polizeioffizier ge-
decktem Einbruch stammte, behilflich zu sein. Es kam nicht so weit, denn der
ausersehene Käufer war der Schwager des Bestohlenen u. erkannte die Ware
wieder. Der Bestohlene selbst sagte aus, daß er, als er die Polizei um Hilfe anrief,
von dem diensthabenden Offizier (ich) die Antwort erhielt : „Ich habe keine Leute."
Ich ging in Haft (1922) u. wurde nicht wieder entlassen. Die Gerichte haben er-
kannt, daß ich nicht aus Bereicherungsabsichten oder Vorteile halber gehandelt
habe, kamen aber dennoch zu der Verurteilung meiner Person wegen Amts-
anmaßung in fortgesetzter Handlung. Ich selbst entschuldigte mich damit, daß
ich aus Größenwahn nicht anders handeln konnte. Irrsinnig kann ich jedenfalls
nicht sein, sonst würden die Gerichte in ihren Urteilen über mich nicht schreiben
können: „Sebeste hat wohl am soundsovielten u. soundsovielten die und die amt-
lichen Handlungen als Pfarrer, Arzt, Rechtsanwalt u. s. w. vorgenommen, aber er
hat sie in sachgemäßer Weise u. ohne Schädigung der in Mitleidenschaft gezogenen
Personen, als Rechtsanwalt sogar mit Erfolg, vorgenommen, daß die Beteiligten
erklärten, sich in keiner Weise geschädigt zu fühlen und die von Staatswegen ein-
gesetzten Amtspersonen sie nicht besser ausführen konnten."
816
Endlich eines Tages stellte sie mir das Ultimatum, ihr alle Urkunden pp., die
ich von ihrem Schwager besaß, unverzüglich zurückzusenden u. zwar an eine mir
jetzt entfallene schweizer Adresse, wohin sie sich, um einem etwaigen Eklat aus
dem Wege zu gehen, begeben hatte. Zudem wurde mir der Boden unter meinen
Füßen immer heißer bezüglich der unerlaubten Haftentlassungen, die ich vor-
genommen hatte, und ich entschloß mich jetzt reinen Tisch zu machen. Der Auf-
regungen hatte ich genug. Ich erinnerte mich des Hauptm. Hornemann, zumal
ich von meiner Dienststelle keinen längeren Urlaub bekommen konnte, zumin-
desten nicht nach der Schweiz u. fuhr nach Magdeburg, wo Hornemann, wie ich
wußte, Leiter der Abwicklungsstelle war, um von ihm als Gegendienst die Ein-
reiseerlaubnis nach der Schweiz zu erwirken. H. war aber bereits verhaftet u. mein
Schicksal ereilte mich in Gestalt eines früheren Schulkameraden, namens Eberleh,
der den freigewordenen Posten Hornemanns eingenommen hatte. Dieser erkannte
mich u. führte mich zu H. in der Militär-Arrestanstalt, Magdeburg, Landwehr-
straße. Hier wurde mir der Prozeß gemacht u. es kam ans Tageslicht, daß ich bei
einem bekannten Berliner Justizrat Schmilensky, Charlottenburg, 4 Monate als
Generalsubstitut Freiherr v. Eschenbach tätig war u. als solcher Zivil- und Straf-
prozesse mit Erfolg geführt hatte.
Ich wurde aus der Untersuchungshaft wegen Krankheit zunächst entlassen, da
mein Onkel für mich gutgesagt hatte, hielt mich aber bei diesem nicht auf, sondern
meldete mich als Polizeioffizier nach Hannover, von wo aus ich mich nach Berlin
versetzen ließ u. in den Rang des Oberleutnants aufrückte. Hier habe ich mich in
Trunkenheit selbst verraten, indem ich als Kontrolloffizier in einem Neuköllner
Restaurant i. d. Hermannstraße, wo der Sparverein „Edler Pfennig" Stiftungsfest
feierte, mich von dem Vorsitzenden nach überschrittener Polizeistunde mit
Schnaps traktieren ließ u. in Uniform mittanzte. Dieser Verein bestand größten-
teils aus Ganoven u. ein Mitglied erkannte mich aus früheren Tagen im Unters.
Gefgs. Moabit wieder u. übte nun einen Druck auf mich aus, ihm beim nächsten
Abstoß einer Sohre (Hehlergut), die aus einem von mir als Polizeioffizier ge-
decktem Einbruch stammte, behilflich zu sein. Es kam nicht so weit, denn der
ausersehene Käufer war der Schwager des Bestohlenen u. erkannte die Ware
wieder. Der Bestohlene selbst sagte aus, daß er, als er die Polizei um Hilfe anrief,
von dem diensthabenden Offizier (ich) die Antwort erhielt : „Ich habe keine Leute."
Ich ging in Haft (1922) u. wurde nicht wieder entlassen. Die Gerichte haben er-
kannt, daß ich nicht aus Bereicherungsabsichten oder Vorteile halber gehandelt
habe, kamen aber dennoch zu der Verurteilung meiner Person wegen Amts-
anmaßung in fortgesetzter Handlung. Ich selbst entschuldigte mich damit, daß
ich aus Größenwahn nicht anders handeln konnte. Irrsinnig kann ich jedenfalls
nicht sein, sonst würden die Gerichte in ihren Urteilen über mich nicht schreiben
können: „Sebeste hat wohl am soundsovielten u. soundsovielten die und die amt-
lichen Handlungen als Pfarrer, Arzt, Rechtsanwalt u. s. w. vorgenommen, aber er
hat sie in sachgemäßer Weise u. ohne Schädigung der in Mitleidenschaft gezogenen
Personen, als Rechtsanwalt sogar mit Erfolg, vorgenommen, daß die Beteiligten
erklärten, sich in keiner Weise geschädigt zu fühlen und die von Staatswegen ein-
gesetzten Amtspersonen sie nicht besser ausführen konnten."
816