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Galerie Flechtheim [Mitarb.]
Der Querschnitt — 10.1930

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Heft 2
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Lederer, Robert: Amerika als Schule der Vornehmheit
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https://doi.org/10.11588/diglit.73550#0185

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Schäfer-Ast

AMERIKA ALS SCHULE DER
VORNEHMHEIT
Von
ROBERT LEDERER

Geld allein macht bekanntlich nicht vornehm, auch dann nicht, wenn man
es besitzt. Man muß nicht nur verstehen, es auszugeben, auch viel andere
Künste muß man meistern, um als vornehm zu gelten. Es gibt auch Leute, die,
ohne Geld zu haben, vornehm sind, aber das sind die Equilibristen der Vor-
nehmheit.
Die Frage, was vornehm ist, war von jeher sehr umstritten. Ich müßte nicht
Geschäftsmann, sondern Philosoph sein, wenn ich mich mit Definitionen ab-
geben wollte. Eines steht fest: Sicherheit wirkt vornehm, Unsicherheit un-
vornehm. Wenn man mit Sicherheit „das Richtige" tut, kann man einer vor-
nehmen Wirkung gewiß sein, selbst dann, wenn „das Richtige" falsch war.
Ich erinnere an die berühmte Episode mit dem Prince of Wales und dem Westen-
knopf. Der spätere König Eduard VII. erhob sich also nach einem üppigen
Mahle, für das er sich Luft gemacht hatte, und vergaß den untersten Westen-
knopf wieder zu schließen. Seitdem tragen alle gut angezogenen Herren den
untersten Westenknopf offen. So überzeugend muß Ihre Sicherheit auch wirken,
daß selbst der Fehler zum „Richtigen" wird.

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