keit, durchzuführen, was er begonnen hat. Noch ist seine Begabung größer als
seine Routine.
Virgil Thomson hat sich der französischen Ecole d'Arcueil angeschlossen, einer
neuen radikalen Gruppe, der Roger Desormieres, Cliquet-Pleyel und Henri
Sauguet angehören. Thomson, exakt, elegant, Avant-Garde, ist der offizielle
Komponist Gertrude Steins. Mit ihr zusammen hat er eine Oper geschrieben,
betitelt „Four Saints in One Act". Viele von ihren Gedichten, vor allem „Capital
Capitals", hat er mit einer klaren, dünnen, nicht gefühlvollen Musik vertont, die
zum Teil geistlich wirkt, wie Gregorianische Gesänge, zum Teil pedantisch, wie
Etüden von Czerny, zum Teil schwingend und rhythmisch im Stil der neuesten
Tangos.
Carlos Chäve^, Mexikaner, ist ein Hoffnungsstern Amerikas. Seine Sonate für
vier Hörner, seine Sonatinen für Klavier, Klavier und Violine, Klavier und Cello
und seine Ballette, all diese Kompositionen verraten ein Talent, das Richtung,
Charme und Solidität besitzt. Es ist primitive, beinahe rituelle Musik, von trockener,
zugespitzter, organischer Struktur, und dem Wesen nach eine schwer greifbare
und wundervolle Verbindung von spanischen und amerikanisch-indischen
Elementen. (Es gibt noch unzählige andere. Ich erwähne a) nur die Jungen, d. h.
die zwischen 25 und 35, b) die, die meiner Ansicht nach mehr als nur Handwerker
sind. Schulen existieren nicht — nur Einzel-Erscheinungen.)
VERLEGER. Wir wollen sie erst einmal kurz und bündig einteilen: es gibt
die routinierten Geldmacher, die „Stücke" für Provinzlehrer und -schüler heraus-
geben; Stücke ersten bis sechsten Ranges, die nach einem höchst einfachen
System mit „leicht", „mittelmäßig" und „schwer" etikettiert werden, Stücke,
die milde Musikmacher mittleren Alters ernsthaft komponiert haben, von
„Dolly's Birthday Party" bis zu „The Midnight Ride of the Witches". Die größte
Ruhmestat, die diese Art von Verlegern jemals fertigbringt, ist die gelegentliche
Veröffentlichung eines Klavierstücks oder Songs von Deems Taylor, oder ein
Neudruck (mit „Fingersatz" von einem ihrer Pianisten versehen) eines Werks
von Ravel, das man schließlich, mit Zittern und Zagen, als Standardwerk
anerkannt hat. Dann existieren noch ein paar Privat-Verleger mit edleren Zielen
und wechselndem Erfolg. Die neue „Cos-Cob-Press", die von Alma Wertheim
begründet wurde, scheint sich wirklich für das Schaffen junger, amerikanischer
Komponisten zu interessieren. Es ist ein noch junges Unternehmen, das aber
schon Aaron Coplands Jazz-Konzert für Klavier und Orchester herausgegeben
hat, sowie das von Emerson Whithorne vertonte Gedicht „Fata Morgana", und
ein Werk von Lonis Grünberg. Henry Cowell, ein junger, radikaler, kalifornischer
Komponist, hat Unterstützung gefunden für sein Projekt, das sich Nene Musik
nennt, und das die Qualitäten eines intelligenten fortschrittlichen Blattes auf-
weist; es widmet sich den neuen Bestrebungen und druckt die Musik selbst an
Stelle von Kritiken und Abhandlungen. Zum Schluß ist noch die „Burchard
Press" in Boston zu erwähnen, die einige Werke von Edgar Varese veröffentlicht
hat, und die „Eastman-Press" in Rochester, die alljährlich neue amerikanische
Kompositionen herausbringt, die mittels eines Wettbewerbs ausgewählt werden.
KRITIKER. Einige Zitate aus den Spalten der neueren amerikanischen
Presse, die nicht ganz ohne Absicht herausgegriffen sind:
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seine Routine.
Virgil Thomson hat sich der französischen Ecole d'Arcueil angeschlossen, einer
neuen radikalen Gruppe, der Roger Desormieres, Cliquet-Pleyel und Henri
Sauguet angehören. Thomson, exakt, elegant, Avant-Garde, ist der offizielle
Komponist Gertrude Steins. Mit ihr zusammen hat er eine Oper geschrieben,
betitelt „Four Saints in One Act". Viele von ihren Gedichten, vor allem „Capital
Capitals", hat er mit einer klaren, dünnen, nicht gefühlvollen Musik vertont, die
zum Teil geistlich wirkt, wie Gregorianische Gesänge, zum Teil pedantisch, wie
Etüden von Czerny, zum Teil schwingend und rhythmisch im Stil der neuesten
Tangos.
Carlos Chäve^, Mexikaner, ist ein Hoffnungsstern Amerikas. Seine Sonate für
vier Hörner, seine Sonatinen für Klavier, Klavier und Violine, Klavier und Cello
und seine Ballette, all diese Kompositionen verraten ein Talent, das Richtung,
Charme und Solidität besitzt. Es ist primitive, beinahe rituelle Musik, von trockener,
zugespitzter, organischer Struktur, und dem Wesen nach eine schwer greifbare
und wundervolle Verbindung von spanischen und amerikanisch-indischen
Elementen. (Es gibt noch unzählige andere. Ich erwähne a) nur die Jungen, d. h.
die zwischen 25 und 35, b) die, die meiner Ansicht nach mehr als nur Handwerker
sind. Schulen existieren nicht — nur Einzel-Erscheinungen.)
VERLEGER. Wir wollen sie erst einmal kurz und bündig einteilen: es gibt
die routinierten Geldmacher, die „Stücke" für Provinzlehrer und -schüler heraus-
geben; Stücke ersten bis sechsten Ranges, die nach einem höchst einfachen
System mit „leicht", „mittelmäßig" und „schwer" etikettiert werden, Stücke,
die milde Musikmacher mittleren Alters ernsthaft komponiert haben, von
„Dolly's Birthday Party" bis zu „The Midnight Ride of the Witches". Die größte
Ruhmestat, die diese Art von Verlegern jemals fertigbringt, ist die gelegentliche
Veröffentlichung eines Klavierstücks oder Songs von Deems Taylor, oder ein
Neudruck (mit „Fingersatz" von einem ihrer Pianisten versehen) eines Werks
von Ravel, das man schließlich, mit Zittern und Zagen, als Standardwerk
anerkannt hat. Dann existieren noch ein paar Privat-Verleger mit edleren Zielen
und wechselndem Erfolg. Die neue „Cos-Cob-Press", die von Alma Wertheim
begründet wurde, scheint sich wirklich für das Schaffen junger, amerikanischer
Komponisten zu interessieren. Es ist ein noch junges Unternehmen, das aber
schon Aaron Coplands Jazz-Konzert für Klavier und Orchester herausgegeben
hat, sowie das von Emerson Whithorne vertonte Gedicht „Fata Morgana", und
ein Werk von Lonis Grünberg. Henry Cowell, ein junger, radikaler, kalifornischer
Komponist, hat Unterstützung gefunden für sein Projekt, das sich Nene Musik
nennt, und das die Qualitäten eines intelligenten fortschrittlichen Blattes auf-
weist; es widmet sich den neuen Bestrebungen und druckt die Musik selbst an
Stelle von Kritiken und Abhandlungen. Zum Schluß ist noch die „Burchard
Press" in Boston zu erwähnen, die einige Werke von Edgar Varese veröffentlicht
hat, und die „Eastman-Press" in Rochester, die alljährlich neue amerikanische
Kompositionen herausbringt, die mittels eines Wettbewerbs ausgewählt werden.
KRITIKER. Einige Zitate aus den Spalten der neueren amerikanischen
Presse, die nicht ganz ohne Absicht herausgegriffen sind:
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