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Galerie Flechtheim [Contr.]
Der Querschnitt — 10.1930

DOI issue:
Heft 7
DOI article:
Bontempelli, Massimo: Die Frau mit den gefärbten Haaren: ein kleiner Roman
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https://doi.org/10.11588/diglit.73550#0715

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Eva Marie Schlenzig

Sie erhob sich, kam ganz nahe an mich heran und zeigte drohend mit ihrem
ausgestreckten linken Zeigefinger (denn mit dem rechten hielt sie die fünf Haare)
auf meine Schulter, nahe an der Achsel: eine tatsächlich kritische Stelle, jene
nämlich, an welche die Frauen mit Vorliebe in einer zärtlichen Umarmung den
Kopf zu lehnen pflegen.
Die fünf Haare waren ein Beweis.
Der Beweis war erdrückend.
Ich wußte nicht, was ich sagen sollte. Sie entfernte sich wieder von mir und
wiederholte, während sie das Corpus delicti ansah: „Nicht eines! Fünf!"
FÜNFTES KAPITEL
Geschrieben in der Form eines Dialoges, um die Lebhaftigkeit der Handlung ^ erhöhen.
Dinge, leicht wie Luft,
Sind für die Eifersucht Beweis,
So stark wie Bibelsprüche.
Shakespeare: Othello.
Ich (suche einen Vorwand, um sie ein wenig zu besänftigen): „Sehen Sie,
Frau Marta, ob es fünf sind oder nur ein einziges, macht ja nichts aus."
Frau Marta (mit trostloser Stimme): Ich weiß es.
Ich (eifrigst bemüht, Terrain zu gewinnen): Also sagen Sie selbst: wenn ein
Haar so viel bedeutet wie fünf, scheint es Ihnen dann richtig, einem Haar, das
Sie auf dem Rock Ihres Mannes gefunden haben, solch eine Wichtigkeit bei-
zulegen?...
Sie (beachtet mich nicht, erhebt sich, durchquert das Zimmer und ver-

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