Galerie Flechtheim [Mitarb.]
Der Querschnitt
— 10.1930
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https://doi.org/10.11588/diglit.73550#0821
DOI Heft:
Heft 8
DOI Artikel:Hyan, Hans: Der moderne Hund
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F7
Otto Pankok
DER MODERNE HUND
Von
HANS HYAN
Sind unsere Hunde auch mit der Zeit mitgegangen, daß sie, wie das jünglings-
hafte junge Mädchen oder die kurzgeschürzte Großmama, der gesteinachte
Greis modern geworden sind? — Nein, das trifft glücklicherweise nicht zu. Die
Hunde bellen und beißen noch immer wie früher, sie benutzen ihren „Stamm-
baum" oder die Hauswände mehr als den Portiers lieb ist, und sie sind, Gott
sei Dank, noch eben so treu wie vor hundert Jahren, wenn man sie, was leider
nicht allzu häufig ist, richtig und gut behandelt.
Aber der Mode unterworfen sind sie ohne Zweifel. Um die Wende des Jahr-
hunderts wurde der Schäferhund modern. Man entzog ihn seiner heimatlichen Trift
und der Herde, die er umkreisen und hüten sollte. Und kaum hatte man ihn
zum „Salonwolf" avancieren lassen, so wurde er auch entsprechend „verfeinert"
und „veredelt". Der Fang (Schnauze) konnte nicht adlig genug gezüchtet werden.
Ein graziler Bau, d. h. schwache Knochen und schlappe Muskeln, wurden be-
vorzugt, und gar nicht lange dauerte es, da war aus dem starken, mutigen Hüte-
hund, der auch den Wolf nicht scheute, ein lendenlahmer, feiger Köter geworden.
Und die Staupe, das Seuchengespenst des Rassehundes, ging an keinem dieser
schwächlichen Tiere mehr vorbei. Inzwischen haben die großen Schäferhund-
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Otto Pankok
DER MODERNE HUND
Von
HANS HYAN
Sind unsere Hunde auch mit der Zeit mitgegangen, daß sie, wie das jünglings-
hafte junge Mädchen oder die kurzgeschürzte Großmama, der gesteinachte
Greis modern geworden sind? — Nein, das trifft glücklicherweise nicht zu. Die
Hunde bellen und beißen noch immer wie früher, sie benutzen ihren „Stamm-
baum" oder die Hauswände mehr als den Portiers lieb ist, und sie sind, Gott
sei Dank, noch eben so treu wie vor hundert Jahren, wenn man sie, was leider
nicht allzu häufig ist, richtig und gut behandelt.
Aber der Mode unterworfen sind sie ohne Zweifel. Um die Wende des Jahr-
hunderts wurde der Schäferhund modern. Man entzog ihn seiner heimatlichen Trift
und der Herde, die er umkreisen und hüten sollte. Und kaum hatte man ihn
zum „Salonwolf" avancieren lassen, so wurde er auch entsprechend „verfeinert"
und „veredelt". Der Fang (Schnauze) konnte nicht adlig genug gezüchtet werden.
Ein graziler Bau, d. h. schwache Knochen und schlappe Muskeln, wurden be-
vorzugt, und gar nicht lange dauerte es, da war aus dem starken, mutigen Hüte-
hund, der auch den Wolf nicht scheute, ein lendenlahmer, feiger Köter geworden.
Und die Staupe, das Seuchengespenst des Rassehundes, ging an keinem dieser
schwächlichen Tiere mehr vorbei. Inzwischen haben die großen Schäferhund-
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