der Spieltrieb überentwickelt; Wilhelms Reifen mag dem Knaben wohl „Heirat"
suggeriert, und so den Lynch-Impuls angeregt haben.) Die Sache wäre durchaus
harmlos verlaufen, wenn dieser Fall nicht einem völlig unqualifizierten Mann,
einem gewissen Dr. Nikolas überantwortet worden wäre, der seine Zuflucht zu
dem gänzlich verfehlten Verfahren der Argumentation genommen hat: „Ihr
Kinder, hört mir zu und laßt den Mohren hübsch in Ruh! Was kann denn dieser
Mohr dafür, daß er so weiß nicht ist wie ihr?" Diese Methode ist selbstverständlich
wirkungslos (und übrigens auch bezüglich der Fakten zweifelhaft: ich verweise
auf den Fall Clarkson Thomas, Louisiana, der eine deutlich unterscheidbare
graue Hautnuance erzielt haben soll.) Nachdem seine Ermahnungen natürlich
in den Wind geschlagen worden, schreitet Dr. Nikolas zu der drastischen Maß-
nahme eines Tinten-Bades! Es ist für mich zu spät, noch irgend etwas zu tun,
und was für Symptome die Knaben daraufhin entwickeln werden — entweder
in der Japhet-Tendenz oder in der Abneigung gegen Zahlung der Einkommen-
steuer —, kommt voll und ganz aufs Konto der Einmischung eines dieser
Quacksalber, welche der Profession solchen Schaden zufügen.
FALL V. — - (Name unterdrückt) : ein Mann mittleren Alters, der offensichtlich
an einer akuten Nimrod-Inversion leidet. Es ist seine Gewohnheit, abends aus-
zugehen, um Hasen zu schießen — - und zwar mit einem veralteten Jagdflinten-
Modell. Er ist ein wenig myopisch; die Wahl eines grasgrünen Kostüms für
seine Jagd-Ausflüge mag vielleicht auf unterbewußte atavistische Schutz-
färbungs-Instinkte zurückzuführen sein. In jüngster Zeit ist er von einer (traum-
entstammten) Halluzination besessen, daß ein großer Hase seine Brille aufgesetzt,
sein Jagdgewehr ergriffen habe, und nun auf ihn schieße. Zuweilen, so erzählt er,
schießt der Hase vorbei, um statt seiner eine Kaffeetasse zu treffen, die des Jägers
Gattin, an der Haustür stehend, in der Hand hält; der Kaffee fließe auf die Nase
von „des Häschens Kind, der kleines Has" und verbrühe sie; der kleine Has
hält einen Löffel in der Pfote und schreit: „Wer hat mich da verbrannt!" Ich
habe den Fall bereits eine Zeitlang in Arbeit gehabt, bin aber erst kürzlich zur
Einsicht über die Hemmung gekommen, welche diese ganze Störung verursacht
hat. Der Mann ist offensichtlich ein chauvinistischer Patriot, der während des
Krieges irgendeinen Schock oder sonstwie Schaden erlitten hat. Das Wort „Has"
hätte mir viel früher bereits den Schlüssel liefern können; es muß in Wirklichkeit
natürlich „Haß" heißen und bedeutet einen symbolischen Vertreter des deutschen
Volkes. Patient ist von der Sensationskampagne „Handel mit dem Feinde"
belästigt worden: daher gebraucht der „Has" seine, des Jägers, eigene Flinte,
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