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Galerie Flechtheim [Mitarb.]
Der Querschnitt — 12.1932

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Alexander, Heinz Gustav: Was verdienen Amateure?
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https://doi.org/10.11588/diglit.73728#0594
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weil z. B. die Bedeutung Sobeks für Hertha einen irrationalen Wert hat. Über den
metallenen Beigeschmack von Vereins-„Wechsel" zu reden, wobei schon manch
einer nicht nur symbolisch geplatzt ist, hieße den DFB. eine Blinden- und Tauben-
vereinigung schelten!
Im Tennis gilt eine Maxime: wer mit einem Turnier die Jahresunkosten und
noch etwas für den Reservefonds seines Klubs verdienen will, muß es sich etwas
kosten lassen. Dieses „Etwas" ist ganz individuell und richtet sich nach dem
Renommee, das der Spieler bei Wallis Myers genießt. Ein Spieler von Format ist
bei standesgemäßen Ansprüchen sehr wohl in der Lage, im Sommer eine Bäder-
tournee zu absolvieren, den Herbst in Italien zu verbringen, im Winter auf gedeckten
Courts sein Fortkommen zu suchen und sich im Frühjahr an der Riviera für die
anstrengende Sommersaison beizeiten zu stählen. Neugierigen Fragen nach dem
Beruf begegnet der Spieler zweckdienlich mit dem Hinweis, Vertreter für Tennis-
artikelfabriken zu sein. Doch hüte er sich, die einheimische Industrie vor den Kopf
zu stoßen! Sonst vermerke man als Beschäftigung, Amateur zu sein. Dieser Beruf
ernährt im Tennis seinen Mann und seine Frau. Und Arbeit schändet bekanntlich
nicht, bestimmt nicht im Tennis!
In der Leichtathletik verdienen ausschließlich jene 25 bis 30 Cracks, die in der
Saison als Wanderzirkus durch die Lande ziehen. Taucht z. B. in der Provinz ein
Könner auf, so ist er bald darauf in Berlin zu finden. Ein Klub hat ihn sich ein-
gehandelt, bietet ihm eine gute Stellung, zahlt ein eventuell notwendiges „Studium",
bei freier Wohnung und Verpflegung im Klub selbst. Zur Zeit sind die Firmen-,
besonders die Versicherungskonzerne en vogue. Sie bieten eine 150 RM-Stellung
und 50 Rpf. für den Trainingstag. Geht dieser Könner später einmal in die Provinz
zurück, behält sein Berliner Verein ein Interesse daran, ihn fernerhin für seine
Farben starten zu sehen. Ist es dann wirklich ein
Wunder, wenn dieser junge Mann, der keinerlei eigene
Einkünfte hat, sich sein Auto halten kann? Die Be-
hörden dulden dies, weil sie den jungen Mann für ihre
eigenen Feste gebrauchen und sein Können als einnahme-
kräftiger Magnet wirkt.
Die hauptsächlichen Einnahmequellen fließen aus den
Sport-Reisen, die augenblicklich notgedrungen beschränkt
sind, aber beträchtliche Möglichkeiten besaßen, „gehörig
anzuschaffen". Es ist hier üblich, bei bestimmter Fahrt-
dauer die zweite Klasse mit Schlafwagen zu vergüten. Es
gibt wohl keinen Athleten, der dann nicht Holzklasse
reist, um die Differenz einzustecken. Ein anderer Athlet,
der größtes Ansehen genießt, wohnt bei der Abrechnung
nach einem Meeting immer in Ostpreußen, dabei ist er
in Berlin garnisoniert. Er kann ganz schöne Einnahmen
verzeichnen. Wer hat auf jenen Trupp geachtet, der mit
bezahlter Rückfahrkarte aus der Schweiz kam, um hinter-
einander in Karlsruhe, Mannheim, Nürnberg, Halle,
Berlin, Rheinland und Kassel zu starten? Einige Mit-
glieder gaben als Wohnort in Süddeutschland eine nord-
deutsche Stadt an, und jenseits des Maines bezeichneten
sie sich als Angehörige süddeutscher Universitäten. Über-
all liquidierten sie zweiter Klasse, Schlafwagen, hin
und zurück, und sonstige Spesen. Einige Herren dürften

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