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Rapp, Joachim
National-religiöse Identität versus lokale Identitäten auf Sri Lanka — 1997

DOI Page / Citation link:
https://doi.org/10.11588/diglit.8390#0049
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Eine Studie über den heutigen Zustand der katholischen
Kirche Sri Lankas kommt denn auch zu einem eindeutigen
Ergebnis: "Today religion counts for much less and ethnici-
ty for much more" (Stirrat 1991: 211).

Der Sprachenstreit stand lange im Mittelpunkt der politi-
schen Auseinandersetzungen nach der Unabhängigkeit. Zuerst
ging es um die Zurückdrängung der anglizierten Elite und
damit auch der englischen Sprache. Der Sprachenstreit war
auch einer der Hauptgründe für Bandaranaikes Wahlerfolg
1956. Er machte mit dem 'Sinhala Only'- Act Singhalesisch
zur einzigen Staatssprache. Als er dies auf Druck tamili-
scher Politiker zwei Jahre später revidieren mußte, wurde
er von einem Bhikkhu ermordet. Seit 1972 ist in der Ver-
fassung festgelegt, daß Singhalesisch die einzige offiziel-
le Amtssprache ist. Verwaltungs- und Gerichtsangelegenhei-
ten werden ausschließlich in Singhalesisch bearbeitet. In
der revidierten Verfassung von 1978 wurde dann zwar auch
Tamil zur 'nationalen Sprache' erhoben, blieb aber dem
Singhalesischen, der 'offiziellen Sprache1, untergeordnet
(Jayawardena 1985: 160).

Beim Sprachenstreit geht es nicht nur um Prinzipien, son-
dern auch um berufliche Perspektiven. Die Bevorzugung des
Singhalesischen benachteiligt die Tamilen in ähnlicher
Weise wie einst die Dominanz des Englischen die meisten
Singhalesen ihrer Aufstiegsmöglichkeiten beraubte - und
noch beraubt. Denn Englisch hat als Bildungs- und Eliten-
sprache überlebt. Wer in der Wirtschaft Karriere machen
möchte, muß über sehr gute Englischkenntnisse verfügen;
auch Sri Lanka ist schließlich in das Weltwirtschaftssystem
eingebunden. So gibt es denn auch viele Eltern, die eine
erhebliche Summe Geld in privaten Englischunterricht für
ihre Kinder investieren, um diesen bessere berufliche Aus-
sichten zu eröffnen. Da sich dies aber nur vergleichsweise
wenige Personen finanziell leisten können, sehen viele
Singhalesen in der englischen Sprache immer noch "das
Schwert, daß uns niederhält", wie es mir gegenüber von
einem früheren Lehrer formuliert wurde.
 
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