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Rathe, Kurt; Warburg Institute
Die Ausdrucksfunktion extrem verkürzter Figuren — Studies of the Warburg Institute, Band 8: London: Warburg Institute, 1938

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https://doi.org/10.11588/diglit.57385#0046
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Kurt Rathe.

aufgegriffen und im Wege des Stilvergleichs zu begründen versucht; das Extrem
der entgegengesetzten Meinung („den Fresken in der Camera degli Sposi un-
mittelbar vorgehend“) ist zuletzt noch von G. Fiocco im Allg. Lexikon bild. Kstler.
XXIV (1930), Sp. 40 verteidigt worden. In seiner jüngsten „Mantegna“-Monographie
(Collezione „Valori Plastici“, Milano s. a. [1937]), die mir erst während des Druckes
dieser Zeilen vor Augen kam, bemerkt freilich derselbe Autor unter (stillschwei-
gender) Verleugnung seiner früheren Ansicht zu Tav. 147 (p. 209): „Strana la
datazione 1457—59 proposta del Kristeller per quest’opera evidentemente tarda.“
10) Neue Heidelberger Jahrbücher, N. F. 1930, S. 75—in: „Über Mantegnas
Cristo in scurto und verwandte Darstellungen“; die in ihrer konzisen Fassung
ungewöhnlich schlagkräftige Studie H. Jantzens war im Rahmen einer als Hand-
schrift gedruckten, schwer erreichbaren Festschrift: Stephaniskos, Ernst Fabricius
zum 6./9- 1927, Freiburg i. Br. 1927, S. II—15, von vornherein einer breiteren Öffent-
lichkeit beraubt. Unabhängig von den genannten Autoren weiß neuerdings H. G.
Beyen, A. M. en de verovering der ruimte in de Schilderkunst, s’Gravenhage 1930,
p. 63/4, den Ausdrucksgehalt des Gemäldes wenigstens gefühlsmäßig zu würdigen:
„Wie denkt hier nog aan de ,nüchtere* leer der perspektief 1“
u) Wie nicht anders zu erwarten, haben auch so manche Darstellungen
legendarischer Begräbnis-Szenen mit der Erinnerung an die all-
bekannte Kulthandlung der Orthogonal-Projektion des Sarges stattgegeben: als
Beispiel diene etwa das von der Rückseite des 1474 vollendeten • Quirinus-Altars
stammende Gemälde Gabriel Mäleskirchers im Bayerischen Nationalmuseum zu
München: „Wunder bei der Bestattung des hl. Quirinus in der Krypta des Mün-
sters zu Tegernsee“, Nr. 29 des Ausstellungs-Kataloges „Die Anfänge der Münch-
ner Tafelmalerei“, München 1935, abgeb. ebda., Fig. 20. Des weiteren ließe
sich Schrades Gedankengang auf die Beobachtung ausdehnen, daß die für die
Leichen-Einsegnung nach katholischem Ritus bis heute verbindliche Orientierung
des Sarges zum Altar hin — vgl. Lexikon für Theologie und Kirche, hgg. v. M.
Buchberger, Freiburg i. Br. 1931, II., Sp. 93 — noch in jüngster Zeit innerhalb
einer bestimmten Klasse von Kunstdenkmälern entscheidenden Einfluß auf die
Gestaltgebung gewonnen hat: der von Wilhelm Frass geschaffenen Liegefigur des
„Ruhenden Soldaten“ (seil. „U nbekannten Soldate n“) in der Krypta des
zum Heldendenkmal adaptierten „Alten Burgtores“ zu Wien — vgl. die Abb. in
der Zeitschrift „Kirchenkunst. Österr. Zeitschr. f. Pflege religiöser Kunst“,
Jgg. VI (1934), H. 3, S. 53 — werden erst durch die orthogonale Eingliederung
in den Gruftraum die letzten und höchsten Weihen sinnbildlicher Geltung zuteil.
Schließlich wäre in diesem Zusammenhang einiger Vorgänge des religiösen
Brauchtums zu gedenken, die zwar nicht unmittelbar bildschöpferisch gewirkt,
wohl aber gelegentlich ihren bildkünstlerischen Niederschlag gefunden haben.
Hieher gehören zum einen die Feierlichkeiten bei der Kanonisa-
tion eines Heiligen, die im Spiegel bildlicher Zeugnisse eine der Tiefen-
richtung der Kirche folgende Zurschaustellung des Sarkophages und des darüber
aufgebahrten Leichnams mit sich bringen: wer freilich die Oxforder Zeichnung
des Sienesen Francesco Vanni (1563—1610, vgl. die Abb. bei M. Bell, Drawings
by the old masters in the library of Christ Church, Oxford 1914, PI. C. XXI)
als Beweis einer derartigen Anordnung in Anspruch nehmen wollte, dürfte nicht
verschweigen, daß derselbe Künstler auf dem thematisch nächstverwandten Ge-
mälde im Oratorium der hl. Katharina zu Siena (abgeb. bei A. Venturi, St. dell’arte
it. La pittura del Cinquecento IX./7., p. 1061, Fig. 590) eine bildparallele Lagerung
des Sarkophages zur Wiedergabe wählt. Zum andern würde es einer Untersuchung
lohnen, inwieweit die altehrwürdige „Depositio crucis“, jene in die Region der
Mysterienbühne hinüberspielende Karfreitags-Zeremonie, der gemäß ein
ad hoc aufgerichtetes Kruzifix nach dem Abschluß des eigentlichen Gottesdienstes
am Altäre niedergelegt, hernach verhüllt, beigesetzt und bis zur „Elevatio“ des
Ostersonntags bewacht wird — alles Nähere ist in einer aufschlußreichen Arbeit
 
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