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Reber, Franz
Geschichte der Baukunst im Alterthum: nach den Ergebnissen der neueren wissenschaftlichen Expeditionen bearbeitet — Leipzig: T.O. Weigel, 1866

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https://doi.org/10.11588/diglit.45255#0061
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Geflügelte Thorkolosse. Eingänge.

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ist, dass sie immer fünfbeinig erscheinen , da sie für die Fronteansicht und
zugleich für die volle Seitenansicht berechnet sind. Während sie sich nem-
lich in der Fronte als Rundbilder präsentiren, bei welchen die beiden Vor-
derbeine neben einander gestellt sind, erheischt die reliefartige Seitenan-
sicht des hier ausschreitenden Thieres die Wiederholung des inneren Vor-
derbeines. Anstatt des Stierleibes findet sich auch gelegentlich ein Löwen-
leib ähnlicher Auffassung mit menschlichem Haupte (Fig. 22) , während bei
dem kleineren Tempel zu Nirnrud (Calah) vollständige Löwen mit aufgesper-
tem Rachen den Eingang flankiren. Es bedarf kaum der Erwähnung, dass
die Wirkung dieser Kolosse, besonders wenn sie wie bei dem Hauptthore des
Sargonpalastes aus drei Paaren bestehen, eine grandiose gewesen sein musste.
Die übrigen auf der niedrigeren Terrasse von Korsabad, dem äusseren Kam;
o o ’ . mern der
Vorhofe gefundenen Gebäudereste sind sehr unbedeutend. Die kleinen Kam- Vor-
mern, deren wenig erhaltene Wände nur farblosen Verputz mit Halbsäulen
und senkrechten Einschnitten zeigen und dadurch an die decorative Archi-
tektur erinnern, die wir auch in Chaldäa vorgefunden haben, werden wohl
für die Königswache oder für den Schwarm von Dienern und Eunuchen ge-
dient haben, welcher, wie wir aus den Reliefs erkennen, die Umgebung des
Königs belebt haben muss.
Zu der etwas höheren eigentlichen Palastterrasse , die , wie aus dem Dererste
° 7 t Hof.
Plane (Fig. 20) ersichtlich, grösstentheils über den Umkreis der Stadtmauern
von Kisir Sargon, welche durch die nach Nordost und Südwest auslaufenden
stärkeren Mauerlinien angezeigt sind, vorsprang, führte dann eine zweite
ebenfalls doppelflügelige Treppe , nicht symmetrisch der ersten Haupttreppe
und dem ersten Thore entsprechend, sondern in Rücksicht auf die Dispo-
sition der Palasträume selbst etwas seitwärts angebracht. Der Terrassen¬
raum, im Allgemeinen so ziemlich quadratisch, obwohl die Aussenlinie häufig
nach den Erfordernissen des Bauplanes rechtwinklig gebrochen bald vor-
springt , bald sich einzieht, theilt sich in mehre Höfe, zwischen welche sich
die Wohnräume gruppiren. Von den vier Höfen des Sargonpalastes ist der
äussere (Fig. 2 3 B), zu welchem man, sobald man von dem Vorhofe aus die
Treppen erstiegen, gelangte, der grösste und 350' lang, 170' breit. Da er zur
Rechten an die Umfriedungsmauer der Terrasse gränzte, und die Treppen-
seite höchstens noch ein Portal enthielt, so stiessen nur zwei Seiten dieses
Hofes an die Palasträume selbst, und standen mit diesen an der linken Lang-
seite durch einen dreifachen Thorweg (C) , an der anderen dem Treppenauf-
gang gegenüberliegenden Seite durch einen einzigen (D) , der dafür um so
grossartiger war, in Verbindung. Die zur Linken anstossenden Räume sind
am unvollständigsten untersucht; wir gehen auch vorläufig an dem dreifachen
vermuthlich zum Harem führenden Portale mit seinen geflügelten Stieren
vorüber. Die Aussenwand zu beiden Seiten der Eingänge ist schon mit jenen
sculpirten Alabasterplatten geschmückt, welche die Wände fast aller Zim-
mer und Hallen bekleiden und welche hier den König mit seinem Gefolge
in processionsartigem Nebeneinander darstellen.
 
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