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Reber, Franz
Geschichte der Baukunst im Alterthum: nach den Ergebnissen der neueren wissenschaftlichen Expeditionen bearbeitet — Leipzig: T.O. Weigel, 1866

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https://doi.org/10.11588/diglit.45255#0178
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158

Aegypten und Nubien.

Papyrus-
capitäl.

geneigt und erinnern durch diesen Ueberschlag an den Druck des Abakus-
würfels und des Architravs oder auch an die Gestalt des Palmbaumes , wel-
cher in dieser Säule als einheitliches Ganze nachgeahmt war. Die dicken,
rundlich profilirten oberen Enden der Zweige lehnen sich nicht an eine Kelch¬


form , sondern sind isolirt gemeisselt und zeigen dadurch für den Blät-
terausschnitt des Kelchcapitäls im Allgemeinen den Weg. Das Palmen-
capitäl ist überdiess höher und schlanker als die übrigen ägyptischen Kelch-
capitäle.
Während indess diese ebenso stattliche als sinnvolle und zugleich un-
bestreitbar schönste unter den ägyptischen Säulenkronen selten blieb, gewann
das mit Sumpfpflanzen geschmückte Kelchcapitäl, zunächst blos in Bemalung,
dann aber auch plastisch ausgeführt und überdiess bemalt, mehr Verbreitung.
Die Schablonen, nach welchen die Capitälbemfflung des Tempels von Karnak
und des Memnonium Ramses II. ausgeführt war, eigneten sich wegen der
Kleinheit des Musters wenig für die Plastik, und nur seltene Beispiele, wie
im Tempel Ramses III. (c. 127 0 v. Ohr.), jetzt von Medinet Abu genannt,
zeigen den Versuch, die Hauptlinien der dort ersichtlichen Malerei d. h. die
breiten vom Säulenhalse an aufsteigenden Blätter und die senkrechten langen
Stiele der kleinen Blumen einfach auf plastische Behandlung zu übertragen.
Eine vollständigere und daher sehr minutiöse Nachbildung findet sich unter
den Capitälen des weit späteren Tempels von Esneh, wo übrigens die
plastische Auszierung flach, cffectlos und nicht ohne Härte ist. Wie die Be-
malung keine typische war, so dass selbst in der grossen Halle von Karnak
an den nebeneinanderstehenden Säulen abweichende Muster vorkommen, so
entwickelte sich auch weiterhin im plastischen Ornamente nicht der feste
Styl der Capitälauszierung, wie er in der verwandten korinthischen Ordnung
sich bald ausgebildet hat. Als vorwiegend herrschendes Ornament erscheint
 
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