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Reber, Franz
Geschichte der Baukunst im Alterthum: nach den Ergebnissen der neueren wissenschaftlichen Expeditionen bearbeitet — Leipzig: T.O. Weigel, 1866

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https://doi.org/10.11588/diglit.45255#0296
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276

Hellas.

Das ei-
gentliche
Hellas
arm an
älteren
Resten.
Tempel
von
Korinth.

kung zwischen entfernteren Punkten oder eine absichtliche Zähigkeit und
Anhänglichkeit an das Alte bei einigen Volksstämmen die Vervollkommnung
mehr oder weniger verzögerte, und da auch der Volkscharakter der einzelnen
Landschaften, wie die Einwirkungen benachbarter nicht hellenischer Cultur-
völker den Denkmälern ihren eigenthümlichen Stempel aufdrückten. Dem-
nach hat der Versuch, die Entwickelung des dorischen Styls an den Monu-
menten nachzuweisen, sein Missliches, die Beleuchtung seiner verschieden-
artigen nationalen Schattirungen aber auch ein besonderes Interesse.
Das griechische Mutterland ist für die Untersuchungen über die do-
rische Frühzeit, d. h. über die erste Reife des Styls ein verhältnissmässig
unfruchtbarer Boden. Die Tempelruine von Korinth*) gehört fast allein,
und diese nicht mit völliger Sicherheit in die Epoche vor dem fünften Jahr-
hundert v. Chr. Die sieben Säulen mit dem entsprechenden Architravreste
— so viel ist jetzt noch erhalten —• zeigen in ihren Verhältnissen das Kräf-
tige und Gedrungene der Frühzeit: Die Schäfte messen nicht einmal volle
4 Durchmesser in der Höhe und stehen nur iy3 Durchmesser von einander
entfernt, an den Ecken, wo die Säulen aus den obenbesprochenen Aus-
gleichungsgründen stets mehr zusammengerückt werden mussten, sogar noch
näher. Ueber die Behandlung der monolithen Schäfte lässt sich nicht viel
sagen, da dem ursprünglichen Stucküberzug später noch ein zweiter aufge-
kleistert ist, welcher die Untersuchung so zu erschweren scheint, dass in
der That die darüber vorliegenden Berichte sich geradezu widersprechen.
Drei Einschnitte am Ansätze des Säulenhalses zeigen an, dass die ursprüng-
liche Bedeutung der Säulenhalskerbe bei Erbauung dieses Tempels dem
Verständnisse bereits entschwunden war, und auch die feinen und scharfen
Ringe unter dem stark ausladenden weich geschwungenen Echinus gemahnen
nicht mehr an ihren Ursprung.
Tempcl Viel mehr Anknüpfungspunkte bieten die Ueberreste eines kleinen
aufCorfu.'i'empe]s auf jer von Korinth aus colonisirten Insel Corcyra (Corfu) dar.**)
Die monolithen Säulenschäfte des hexastylen Peripteros von Cadacchio nem-
lich messen bei einer Länge von nur 7 Fuss über 5ys Durchmesser und
zeigen den ganz ungewöhnlichen Abstand von 2y3, zwischen der dritten und
vierten Frontesäule sogar von 3 Durchmessern. Man hat nach der Schlank-
heit der Schäfte, noch mehr aber nach den weiten Intercolumnien , die bei
grösseren Dimensionen auf einen Holzarchitrav oder wenigstens auf das
ursprüngliche Vorbild eines solchen schliessen lassen , Verwandtschalt mit
der tuscischen Ordnung vermuthet, allein ich finde hierin vielmehr eine
Reminiscenz an das altdorische Holzgebälk , welches weitere Säulenabstände

*) A. Bloüet, Expedition scientifique de Moree, ordonnee par le Gouvernement
Francais. Par. 1831. Vol. III.
**) C. R. COCKERELL, W. KlNNARD, T. L. DONALDSON, W. JENKINS, W. RäILTON,
Antquities of Athens and other places in Greece, Sicily &c. Supplementär}'
to the Antiquities of Athens by J. Stuart and N. Revett. Lond. 1830.
 
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