Spiralencapitäle.
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falls gedoppelt, ornamental an jede der vier Seiten eines rechtwinkligen
Kernes legten.
Anders die Völker Kleinasiens: das vom Osten her gegebene Motiv Verwer~
. ... . i ° i thung in
schien zwar, obwohl die verschiedenen Materialverhältnisse durch Felswände Kiein-
und Holzreichthum, wie auch die abweichende Lebensweise im Ganzen und aslcn'
Grossen auf andere Bahnen lenken mussten, unabweisbar, doch fand es nur
in beschränkter Weise Eingang. Im Inneren der Halbinsel, in dem über-
haupt in der Cultur zurückbleibenden Phrygien wurde wenig geleistet, um
so Grösseres dagegen an der Süd- und Westküste. Es ist nicht unwahr-
scheinlich, dass im Süden und namentlich in dem blühenden Lykien, wo
die gleichsam aus dem Holzbau in Stein übersetzten Felsengräber grosses
tektonisches Verständniss bekunden, die assyrischen Volutenformen ihre
wesentliche Läuterung empfingen, wenn sie auch hier noch nicht ihre Voll-
endung erreichten.
Die hellenisirte Westküste aber entwickelte aus den gegebenen Eie- Vollen-
. . düng
menten heraus jenen Säulenstyl, welcher unter dem Namen des ionischen ander
J t .... West-
bekannt ist. Nur bedurfte es in Bezug auf die Disposition des Gebälkes küste
nicht der Uranfänge, wie sie für den dorischen Styl entwickelt worden sind.
Die mesopotamische Tempelcella war schon, wie die Reliefs von Ninive und
Persepolis zeigen, ein Templum in antis mit Säulen zwischen vorspringenden
Wandpfeilern, mit dem abgestuften Architrav, dem Zahnschnitt u. s. w.,
nur die Giebelbildung fehlte, welche dem hellenischen Volke dasselbe archi-
tektonische Charakteristicum ist, wie die reine Pyramide dem ägyptischen,
die Terrassenpyramide dem mesopotamischen, der oben phallisch abgerundete
Kegel dem phönikischen Volke. Dass bei dem regen Wechselverkehr zwi-
schen den Griechen der beiden Hauptstämme auch die Fortschritte, welche
der dorische Styl gemacht hatte, von den Ioniern nicht übersehen werden
konnten, ist selbstverständlich, wenn auch nicht hergestellt werden kann,
wie weit die Fortschritte beiderseits früher gemacht worden waren und in-
wieweit der eine Volkstamm originaler vorgegangen war, als der andere.
Jedenfalls ging man auch im hellenischen Asien vom Antentempel aus, wie
wir ihn in den lykischen Grabfacaden finden , blieb aber nicht lange dabei
stehen. Mächtige Peripteralbauten ionischen Styls erhoben sich an der Ost-
küste des ägäischen Meeres schon in der Zeit, in welcher man jenseits des-
selben im europäischen Hellas nur in schüchterner Unterordnung dem herr-
schenden dorischen Styl ionischen Säulenbau beizugesellen suchte.
Obwohl nach dieser Ableitung des Volutencapitäls aus mesopotamischen Aeitere
Vorbildern jede Speculation über die Entstehung der ionischen Säule aus^W^jjj.
einer gewissen Idee gegenstandslos ist, können doch die vorliegenden An-
sichten vom Standpunkte der Geschichte der Kunstwissenschaft aus nicht des ioni-
...... . sehen Ca-
übergangen werden. Vitruv berichtet m seiner wenig skeptischen Art, die pitäls.
Voluten seien durch eine Nachahmung cler Locken des Frauenhaares ent-
standen. Wie man nemlich bei der Erfindung der dorischen Säule das kräf-
tigere Verhältniss des männlichen Körpers zu Grunde gelegt, indem der
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falls gedoppelt, ornamental an jede der vier Seiten eines rechtwinkligen
Kernes legten.
Anders die Völker Kleinasiens: das vom Osten her gegebene Motiv Verwer~
. ... . i ° i thung in
schien zwar, obwohl die verschiedenen Materialverhältnisse durch Felswände Kiein-
und Holzreichthum, wie auch die abweichende Lebensweise im Ganzen und aslcn'
Grossen auf andere Bahnen lenken mussten, unabweisbar, doch fand es nur
in beschränkter Weise Eingang. Im Inneren der Halbinsel, in dem über-
haupt in der Cultur zurückbleibenden Phrygien wurde wenig geleistet, um
so Grösseres dagegen an der Süd- und Westküste. Es ist nicht unwahr-
scheinlich, dass im Süden und namentlich in dem blühenden Lykien, wo
die gleichsam aus dem Holzbau in Stein übersetzten Felsengräber grosses
tektonisches Verständniss bekunden, die assyrischen Volutenformen ihre
wesentliche Läuterung empfingen, wenn sie auch hier noch nicht ihre Voll-
endung erreichten.
Die hellenisirte Westküste aber entwickelte aus den gegebenen Eie- Vollen-
. . düng
menten heraus jenen Säulenstyl, welcher unter dem Namen des ionischen ander
J t .... West-
bekannt ist. Nur bedurfte es in Bezug auf die Disposition des Gebälkes küste
nicht der Uranfänge, wie sie für den dorischen Styl entwickelt worden sind.
Die mesopotamische Tempelcella war schon, wie die Reliefs von Ninive und
Persepolis zeigen, ein Templum in antis mit Säulen zwischen vorspringenden
Wandpfeilern, mit dem abgestuften Architrav, dem Zahnschnitt u. s. w.,
nur die Giebelbildung fehlte, welche dem hellenischen Volke dasselbe archi-
tektonische Charakteristicum ist, wie die reine Pyramide dem ägyptischen,
die Terrassenpyramide dem mesopotamischen, der oben phallisch abgerundete
Kegel dem phönikischen Volke. Dass bei dem regen Wechselverkehr zwi-
schen den Griechen der beiden Hauptstämme auch die Fortschritte, welche
der dorische Styl gemacht hatte, von den Ioniern nicht übersehen werden
konnten, ist selbstverständlich, wenn auch nicht hergestellt werden kann,
wie weit die Fortschritte beiderseits früher gemacht worden waren und in-
wieweit der eine Volkstamm originaler vorgegangen war, als der andere.
Jedenfalls ging man auch im hellenischen Asien vom Antentempel aus, wie
wir ihn in den lykischen Grabfacaden finden , blieb aber nicht lange dabei
stehen. Mächtige Peripteralbauten ionischen Styls erhoben sich an der Ost-
küste des ägäischen Meeres schon in der Zeit, in welcher man jenseits des-
selben im europäischen Hellas nur in schüchterner Unterordnung dem herr-
schenden dorischen Styl ionischen Säulenbau beizugesellen suchte.
Obwohl nach dieser Ableitung des Volutencapitäls aus mesopotamischen Aeitere
Vorbildern jede Speculation über die Entstehung der ionischen Säule aus^W^jjj.
einer gewissen Idee gegenstandslos ist, können doch die vorliegenden An-
sichten vom Standpunkte der Geschichte der Kunstwissenschaft aus nicht des ioni-
...... . sehen Ca-
übergangen werden. Vitruv berichtet m seiner wenig skeptischen Art, die pitäls.
Voluten seien durch eine Nachahmung cler Locken des Frauenhaares ent-
standen. Wie man nemlich bei der Erfindung der dorischen Säule das kräf-
tigere Verhältniss des männlichen Körpers zu Grunde gelegt, indem der