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Die vlämische Malerei.

Die derbe, genrehafte drastische Darstellung verbindet sich wenigstens
in dem Münchener Exemplar und kaum minder in den Stücken
zu Brüssel und Cassel mit einer Farbenkraft, einer Wucht und
Bestimmtheit des Vortrags und mit einem trockenen Humor, die
geradezu entzückend wirken. Verirrt sich jedoch der Künstler in
die heroische Zeit, wie z. B. in dem »Kandaules von Lydien,
der dem Gyges seine nackte Frau zeigt«, von 1648 im Museum
zu Stockholm, so ergeben sich höchst verfängliche, wenn auch sonst
ziemlich reizlose Produkte.
Es bleibt daher immerhin merkwürdig, dass er trotz allem
zu allegorisch - historischen Darstellungen in der Art des Medici-
cyklus von Rubens herangezogen werden konnte. Eine bezügliche
Bestellung für den König Karl I. von England kam zwar nicht
zur Ausführung, wohl aber jene der Prinzessin Amalie von Solms,
Gemahlin des Friedrich Heinrich von Nassau, Statthalters der
Niederlande. Bei Ausstattung des Hauptsaales ihres Huis ten
Bosch bei dem Haag die minder farbigen holländischen Meister
zurücksetzend, hatte die Prinzessin, nachdem Crayer und Daniel
Seghers (Gerard Zegers?) abgelehnt, den Jordaens und van Tulden
dazu entboten, welche auch das Werk in den Jahren 1650—52
zustande brachten. Von den zwei durch Jordaens ausgeführten
Gemälden ist das grosse Hauptbild, der »Triumph des Statthalters
Friedrich Heinrich«, bei ziemlich unschönem Realismus selbst der
Idealgestalten wenigstens durch Farbe und Beleuchtung von
mächtiger Wirkung.
Dass man indess wenigstens sonst erkannte, wo die Stärke
des Künstlers lag, beweist die vielfache Wiederholung zweier grosser
Genrestücke mit Gelagedarstellungen, nämlich des sog. »Dreikönig-
festes« und der Illustration des Sprichworts: »Wie die Alten
sungen, so zwitschern die Jungen«. Von der ersteren sind die
Exemplare in Wien und im Louvre den geringeren in Cassel und
Braunschweig vorzuziehen, von der letzteren das bei Baron de Pret
in Antwerpen den Stücken im Louvre, in München, Berlin und
Dresden. Die lebensgrossen Figuren dieser Genrebilder vermehren
noch das derbe, fast unflätige dieser Possen, welche der Künstler
mit dem vollen Sinn für vlämische Kirmessorgien in bewunderns-
werter Wahrheit, gesunder Kraft und meisterhafter Technik wieder-
giebt. Angesichts solcher Gaben kann man es nur beklagen, dass
der Künstler seltener Gelegenheit fand, sich im Bildnis zu bethä-
tigen, worin er sich, nach dem »Ehepaar« in Devonshirehouse
zu London, nach dem Bildnis des Michiel de Ruyter im Louvre,
seinem eigenen Familienbild in Cassel, dem Familienbild in Madrid
 
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