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Reber, Franz von
Über die Anfänge des ionischen Baustils — München, 1900

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https://doi.org/10.11588/diglit.13853#0007
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So verschieden auch die Ansichten über die frühesten Entwicklungsstadien
der hellenischen Kunst sich herausgebildet haben, so scheint doch nicht mehr
ganz in Abrede gestellt zu werden, dass sich dabei eine gewisse Verbindung
von urhellenischen und aussereuropäischen Elementen bemerkbar mache.

Eine solche Verbindung kann uns nicht wundernehmen. Die höhere Kultur
der Hellenen ist beträchtlich jünger als jene Aegyptens, des Euphrat- und
Tigrislandes und ihrer syrischen Abzweigungen. Auch die Verbindungswege
sind ohne allzugrosse Schwierigkeit. Die zweifellose Strömung aller Kultur
von Ost nach West konnte die Westküste Kleinasiens sogar auf dem Landwege
erreichen, die weiteren Küstengebiete des Mittelmeeres natürlich nur zur See,
auf welchem Wege auch das europäische Griechenland vom Ostende des Mittel-
meeres aus die Einflüsse des Orients empfing.

Da es aber ausser Frage steht, dass unter allen orientalischen Kultur-
völkern keines sich in dem Grade mit Import und Export an den Küsten des
Mittelmeeres beschäftigte und beschäftigen konnte, als die Phönikier, so muss
wohl auch angenommen werden, dass das Meiste, was an Geräth, vorab
Schmuck, Prunkgeschirr, Waffen und Stoffen im europäischen Hellas eingeführt
worden ist, phönikischer Industrie angehörte. Das schliesst nicht aus, dass der
Tauschhandel der Phönikier auch Erzeugnisse der Industrie anderer ausser-
europäischer Kulturvölker, mit welchen sie in Land- und Seeverkehr standen,
vertrieb, wie die zweifellos ägyptischen Fabrikate, die sich an den ältesten
Fundstätten Griechenlands wie Etruriens vereinzelt gefunden haben, zu beweisen
scheinen. Von diesen müssen übrigens jene ausgeschieden werden, welche sich
bei näherer Prüfung als mehr oder weniger geschickte Imitationen ägyptischen
oder auch mesopotamischen Stiles oder als Mischung beider Stile darstellen.
Denn diese Arbeiten müssen zum grössten. Theil ebenfalls für Phönikien oder
dessen politische und kulturelle Dependenz Cypern in Anspruch genommen
werden, deren Kunst- und Industriethätigkeit, beträchtlich jünger als die ihrer
östlichen und südlichen Nachbarn, überhaupt auf einem Kompromiss zwischen

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