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Albert, Peter P.; Beyerle, Konrad [Hrsg.]
Die Kultur der Abtei Reichenau: Erinnerungsschrift zur zwölfhundertsten Wiederkehr des Gründungsjahres des Inselklosters 724-1924 (1. Halbband) — München: Verlag der Muenchner Drucke, 1925

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Zur Einführung in die Geschichte des Klosters
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Beyerle, Konrad: Zur Einführung in die Geschichte des Klosters, 1, Von der Gründung bis zum Ende des freiherrlichen Klosters (724-1427)
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https://doi.org/10.11588/diglit.61010#0089
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K. Beyerle

derten seines Bestehens. An den folgenden Zeiten
fesseln uns noch Einzelpersönlichkeiten als Licht-
punkte oder als Dunkelgestalten, oder es bewegt
uns die Erkundung der Gründe des Niedergangs.
In einem Ringen der Kulturen und der politi-
schen Mächte ist die Abtei gegründet worden.
Der kulturelle Hintergrund heißt sinkendes Hei-
dentum, emporsteigendes Christentum. Wohl
waren die Bodenseelande der Lehre des Kreuzes
schon gewonnen, doch schlummerte im Volke
noch viel Heidentum. Die Verlegung des römi-
schen Bistums .Vindomssa* nach Konstanz hatte
in nächster Nähe und im Herzen des alemanni-
schen Landes einen kirchlichen Mittelpunkt ge-
schaffen, irische Missionäre hatten schon hun-
dert Jahre zuvor den Weg ans Schwäbische
Meer gefunden; am Grabe des hl. Gallus war
das älteste Kloster der Gegend entstanden.
Die Mission des ersten Abtes PIRMIN (724
-727) lag in einem doppelten: in der Herkunft
des Organisators und im Auftrag der fränki-
schen Staatsgewalt, die der Gründung von vorne-
herein eine größere Bedeutung gab, als sie die
Missionsarbeit der iroschottischen Mönche be-
saß. Aus dem Schirmbrief Karl Martells für
Pirmin hat uns K. Brandl die Gründungsvor-
gänge erschlossen, während G. Jecker, den von
anderen betretenen Weg vollendend, das Dunkel
gelichtet hat, das über der Herkunft Pirmins lag.
Rhabans Grabinschrift auf Pirmin als den Frem-
den, der zu den Franken gekommen, hat eine
neue Bedeutung gewonnen. Pirmin stammt, wie
wir nun wissen, aus dem früher westgotischen
Südfrankreich. Auf der Flucht vor den Stürmen
der Mauren, die über Spanien nach Westeuropa
hereinbrachen, hatte er im Herzen Westfranziens
eine neue Heimat gefunden und war dort durch
seinen Geist und seine Bildung zu Ansehen und
Würde gelangt; als seine Wirkungstätte wird
uns Meaux genannt. Weder Sintlaz, wie die
späte Lebensbeschreibung des Heiligen wollte,



Darstellung der Klostergri'ndung in Gall
Oheims Chronik (Br. II. Tat. 2)
Auf dem Thron Karl Martell (beachte die Wappen des Baldachins);
im Spruchband:
.Accipe insulam tibi paratam,
Possidebis eam perpetuo ratam.'
Links unten St. Pirmin; im Spruchband:
.Confirma hoc rex illustrissime
Quod deus operatus est in me.‘
Rechts unten Berthold und Nebi, die Bittsteller Pirmins bei Karl
Martell ; im Spruchband;
.Exaudi preces supplicantis viri
Habebis mercedem potentis dei.'
Das Spruchband seitlich rechts kündet die Wunder St. Pirmins:
.Fugavit serpentes ex insula
Operatur hic miraculosa/

noch die alemannischen Stammesfürsten Bertolt
und Nebi, wie die jüngere Reichenauer Kloster-
tradition annahm, haben Pirmin nach der Rei-
chenau geführt, sondern eigener Eifer und des
Hausmeiers Wunsch. Mit vertrauten Gefährten
und Schicksalsgenossen aus seiner Heimat, denen
sich fränkische Mönche zugesellt, hat er den
 
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