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Repertorium für Kunstwissenschaft — 9.1886

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Litteraturbericht
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https://doi.org/10.11588/diglit.66023#0093
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Litteraturbericht.

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Helbig, Wandgemälde Gampaniens S. XVI f.). Dankenswerth ist die Zusam-
menstellung erhaltener Proben antiker Enkaustik (Gap. 1, Abschn. 2), mit
wohlgelungenen Abbildungen. Das auf Schiefer gemalte Bild in Cortona
(Gaz. archeol. 1877, Taf. 7) hat Gros von Neuem untersucht; es gilt ihm
für antik und enkaustisch. Andere Proben stammen aus Aegypten; sie be-
finden sich theils im britischen Museum, theils im Louvre. Sehr hübsch ist
die Zusammenfügung eines Mädchenkopfes, dessen eine Hälfte nach London,
die andere nach Paris verschlagen ist (S. 22 ff.). Man fühlt sich durch die
Erzählung dieses Fundes an die alte Geschichte von dem Apollonbilde erinnert,
dessen eine Hälfte in Samos, die andere in Ephesos geschnitzt ward, nach-
her passten sie genau aneinander.
Das 5. Gapitel stellt die bisherigen Versuche, das enkaustische Verfahren
der Alten wiederaufzufinden, anscheinend ziemlich vollständig zusammen; mit
besonderer Auszeichnung werden Caylus, Requeno, Paillot de Montabert ge-
nannt. Des Verfassers Verfahren ist folgendes (Gap. 1, Abschn. 3 .und Gap. 6).
Ueber einem kleinen Ofen wird eine mit Vertiefungen versehene metallene
Palette erwärmt. Das Wachs, mit Harz vermischt und mit Farben in ver-
schiedener Mischung verbunden, wird in jenen Vertiefungen geschmolzen und
dann zunächst mit Pinseln aufgetragen, so dass eine Art von Grundirung in
den betreffenden Farben entsteht. Die weitere Ausführung geschieht dann
mit den Spateln und sonstigen Metallgeräthen (cestrum, was der Verfasser
für gleichbedeutend mit paßSiov erklärt), und zwar vermittelst kalter Wachs-
farben, die durch Harze, Naphta oder Oele erweicht und für die Behandlung
mit der Spatel geschickt gemacht sind. Die Resultate dieser Technik werden
hoch gepriesen und ihre Wirkung in mancher Beziehung über die der Oel-
gemälde gestellt. Hierüber steht mir natürlich kein Urtheil zu, dass aber das
geschilderte Verfahren das der antiken Enkaustik gewesen sei, scheint doch
erheblichen Zweifeln zu unterliegen. Plinius unterscheidet in der massgebenden
Stelle (35, 149) allzu bestimmt die enkaustische Schiffsmalerei, bei der der
Pinsel, und die Gattungen der Enkaustik im engeren Sinne, bei denen die
Spatel angewendet werde; ebenso gebraucht er den Ausdruck Pinsel (peni-
cillus) wiederholt, um die Temperamalerei im Gegensatz zur Enkaustik zu
bezeichnen. Danach scheint die Anwendung des Pinsels von der kunstmäs-
sigen Enkaustik und deren Verwendung für das Staffeleibild ausgeschlossen,
wenn er auch äusser bei dem Anstrich von Schiffen etwa bei der enkau-
stischen Bemalung architektonischer Glieder seine Rolle gespielt haben mag
(vgl. S. 39; in der S. 48 behandelten Inschrift [Corj>. Inscr. Att. I, 324, c II,
Z. 12 ff.] handelt es sich übrigens nicht um Maueranstrich, sondern um Einbrennen
eines Eierstabes am marmornen Gesims). Ein bekanntes pompejanisches Ge-
mälde, das den Gebrauch von Pinseln bei der enkaustischen Kunstmalerei zu
beweisen schien (s. besonders Weicker, Kleine Sehr. III, 426 ff.), hätte von
Gros (S. 110) nicht wieder angeführt werden sollen, nachdem Letronnes
Zweifel durch die Untersuchungen des Herzogs von Luynes und Helbigs dahin
bestätigt worden sind, dass die vermeintliche Palette mit den Pinseln vielmehr
eine Schale mit Früchten ist (Letronne, Lettres cVun antiquaire S. 410.
 
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