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Repertorium für Kunstwissenschaft — 9.1886

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Litteraturbericht
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https://doi.org/10.11588/diglit.66023#0095
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Litteraturbericht.

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historische Angaben, die im Text, weil jedem Franzosen verständlich, nur an-
gedeutet sind, oder bringen neue, dem Verfasser unbekannt gebliebene Fälscher-
künste aus Deutschland bei.
Ohne Zweifel wird durch die Lectüre des Buches mancher brave
Sammler, namentlich solche, die sich leider in dem beruhigten Gefühl unbe-
dingter Sicherheit bezüglich des Hineinfallens gewiegt haben, vorsichtig und
ängstlich werden; mancher wird auch wohl vor Angst gar nicht mehr kaufen,
da er nun überall Fälschungen wittert. Dass aus dem Buche Jemand für
Beurtheilung alter Kunstwerke etwas lernen sollte, ist an sich unwahrschein-
lich: das kann man überhaupt nicht aus Büchern, so verbreitet auch dieser
Glaube ist. Andererseits wird die ehrenwerthe Zahl der Fälscher doch einen
heilsamen Schrecken kriegen, mancher ihrer nur in gewissen Kreisen be-
kannten Geheimnisse so offen an die grosse Glocke gehängt zu sehen; denn
der Herr Bankier X, dem die Herren Maler Y und Baumeister Z — beide
natürlich grosse Kenner, das bringt ihr »Handwerk« mit sich — nach einem
Diner die Aechtheit eines Stückes versichert haben, wird nach der Lectüre
des Buches doch stutzig — und für solche brave, wohlsituirte Leute wird ja
»gearbeitet«. Und »antik« müssen doch nun einmal die Kunstwerke sein,
welche ein wohlhabender Mann besitzt. Mit Recht zieht Bucher in seinem
Vorwort gegen diesen Unfug der Alterthümelei zu Felde, gegen die »Personen,
welche beim Sammeln keinerlei wissenschaftlichen, künstlerischen wie ästhe-
tischen Zweck im Auge haben, sondern lediglich eine Mode mitmachen«.
Ganz ehrenwerthe Leute, welche sich monatelang an einem guten Stück er-
freuen können, welches sie als echt und alt gekauft und mit grossen Summen
bezahlt haben. Beweist ihm Jemand, dass das Stück modern ist, will er es
nicht mehr sehen, würde es auch nicht für den Preis erwerben, der seinem
Werth als neue Arbeit entsprechen würde. Dass ein Unterschied besteht
zwischen dem Liebhaber und einer öffentlichen, wissenschaftlich geordneten
Sammlung, welche Fälschungen, mögen sie noch so gut sein, entfernen oder
doch separat aufstellen muss, das sehen die wenigsten Kunstfreunde ein. Dass
durch dies lächerliche Verfahren oft die besten künstlerischen Kräfte dem
Fälscherhandwerk geradezu in die Arme getrieben werden, weil sie bei ehr-
licher Arbeit ihre Rechnung nicht finden, ist bekannt genug. In Berlin werden
z. B. die emaillirten Deckelgläser des 17. Jahrhunderts in einer Vollkommenheit
nachgemacht, dass man wohl den Gesammteindruck des »Modernen« hat,
ohne doch im Einzelnen die Fälschung nachweisen zu können. Der Käufer
eines solchen, wirklich vortrefflichen Stückes erfreut sich lange Zeit daran,
bis es angezweifelt wurde: da warf er das Scheusal in die Wolfsschlucht.
Leuten dieses Schlages empfiehlt der Bearbeiter das Buch besonders zur
Lectüre; wir thun es auch. Möchten diese Leser das vortreffliche Vorwort
nicht überschlagen. A. P.

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