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Repertorium für Kunstwissenschaft — 9.1886

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Litteraturbericht
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https://doi.org/10.11588/diglit.66023#0096

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82

Litteraturbericht.

Kunstgeschichte. Archäologie.
La Renaissance en Italie et en France ä l’epoque de Charles VIII.
Ouvrage publie sous la direction et avec le concours de M. Paul d’Albert
de Luynes et de Chevreuse, duc de Chaulnes. Par M. Eugene Müntz et illustre
de 300 gravures dans le texte et de 38 planches tirees ä part. Paris,
Librairie de Firmin-Didot et Cie., 1885.
Die Idee und der' Plan dieses Werkes geht auf den leider in früher
Jugend gestorbenen Enkel und Geisteserben des Herzogs von Luynes, den
Herzogs von Chaulnes zurück (geboren 1852, starb 1881). Ende 1879 trat
er damit an E. Müntz heran, und von da an wurde auch mit aller Energie
die Vorarbeit in Angriff genommen, das monumentale und litterarische
Quellenmaterial gesammelt. Was die Ausarbeitung betrifft, so wollte der Herzog
von Chaulnes den diplomatischen und militärischen Theil der Expedition
Carl’s VIII. behandeln, während der künstlerische und litterarische Theil der er-
probten Kraft von E. Müntz anvertraut wurde. Das vorliegende Werk giebt die
Erfüllung der von Müntz übernommenen Aufgabe. Es ist ein würdiges Denkmal
des Verstorbenen und ein neuer Beweis der stichhaltigen Gelehrsamkeit und
des erprobten Geschmacks des rastlos schaffenden Verfassers. Der erste Theil
zeichnet zunächst das Gesammtbild der Cultur, Litteratur und Kunst Italiens im
15. Jahrhundert, der zweite behandelt die Schöpfungen der Renaissance in
den verschiedenen Städten und Staaten der Halbinsel. Es ist einleuchtend,
dass hier zu dem, was Voigt, Burckhardt und der Verfasser selbst in seinen
Precurseurs de la Renaissance geboten haben, nicht viel Neues von wesent-
licher Bedeutung hinzutreten konnte. Dennoch wird für die Abrundung des
Gulturbildes manches neue Detail beigebracht, so in der Erörterung die Geld-
verhältnisse Italiens, über Religion und Moral jener Zeit, über Luxus und Feste;
die Behandlung der Sklavenfrage, die Erörterung des Einflusses der Sklaverei auf
die Cultur der Renaissance ist zu knapp ausgefallen; schade, dass der Verfasser
Zanelli’s Schrift: Le Schiave orientali a Firenze nei secoli XIV eXV nicht mehr
benutzen konnte (Florenz, Löscher 1885). Auch die reiche und sorgfältige
Illustration dieses Abschnittes bringt nicht wenig Inedita, darunter solche von
höchstem kunst- und culturgeschichtlichem Interesse. Es sei nur erwähnt die zu
S. 50, die Anatomie auf S. 109, Filarete mit seinen Schülern auf S. 127
(vgl. Tschudi, Rep. VII S. 291), das Louvrebild des Paolo Uccello auf S. 133,
die Botticelli-Handzeichnung zu S. 146 u. s. w. Hier merkt man, dass gründ-
liches, kunstgeschichtliches Wissen, geläuterter Geschmack durch keine materielle
Rücksicht gebunden war, in dem reichen Denkmälerschatz für die Publication
Alles auszuwählen, was die geschichtliche Darstellung zu erläutern im Stande
war. Das stärkste Interesse wird jedoch dem deutschen Forscher und Kunstfreund
das dritte Buch abgewinnen, das die Anfänge der Renaissance in Frankreich
zum Gegenstand der Darstellung hat. Lübke hat in seiner Einleitung zur Ge-
schichte der Renaissancearchitektur in Frankreich (vgl. bes. die neue 2. Auflage)
die Bedeutung von Carl VIII. Zug nach Italien für den Umschwung in der
Cultur und Kunst Frankreichs im allgemeinen Umriss festgestellt; Müntz giebt
ein bis in’s Einzelne sorgfältig gezeichnetes Bild dieses Umschwungs auf den
 
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