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Repertorium für Kunstwissenschaft — 9.1886

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Litteraturbericht
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https://doi.org/10.11588/diglit.66023#0530

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Litteraturbericht.
Kunstgeschichte. Archäologie.
Kritische Geschichte der Ideale. Mit besonderer Berücksichtigung der
bildenden Kunst. Von Dr. Adalbert Svoboda. Erster Band. Leipzig, Th.
Grieben’s Verlag (L. Fernau) 1886.
Die Bedeutung der Kunstdenkmäler als geschichtlicher Quellen leuchtet
um so mehr ein, je mehr sich der Geschichtsforscher entlegenen Perioden
zuwendet. Wie wenig vermöchte der Historiker die dürftigen Schriftquellen
über die alten Völker des Orients, Assyrier, Babylonier, Perser, Aegypter zu
verstehen, wenn nicht die Kunstdenkmäler mit ihrer sinnenfälligen Erläuterung
zu den Schriftquellen hinzutreten würden. Aber auch die Kenntniss minder
entlegener Zeiträume moderner Gulturvölker, mögen die Schriftquellen dafür
noch so reich fliessen, gewinnt durch eingehendes Studium der Kunstdenk-
mäler — das leider oft hintangesetzt wird —, da gerade in der Kunst der
Genius eines Volkes sich am vernehmlichsten offenbart, weil er darin nicht
äusserem Zwange, sondern innerer Neigung nachgeht. Der Verfasser der »Kri-
tischen Geschichte der Ideale« theilt diese Auffassung; für ihn sind die Kunst-
denkmäler die wichtigsten und ergiebigsten Quellen, um zur Erkenntniss des
Idealglaubens der Völker zu gelangen. Sein Werk berührt sich mannigfach
mit Garriere’s Die Kunst im Zusammenhang mit der Culturentwicklung, aber
er fusst auf einer ganz anderen Weltanschauung, verfolgt andere Ziele und
demgemäss ist auch die Organisation seines Werkes eine ganz andere. Auf
dem Boden eines strengen naturwissenschaftlichen Positivismus stehend, übt
er unerbittliche Kritik an allen religiösen Mythologien; der Einfluss Feuerbach’s
tritt darin sichtlich zu Tage, und an Feuerbach gemahnt auch des Verfassers
unbeugsamer Wahrheitssinn und seine klare, gemeinverständliche Darstellung.
Wie bei Carriere hat man auch hier nicht nach kunstgeschichtlichen »Ent-
deckungen« zu suchen, dem Verfasser war das Studium der Kunstwerke Mittel
zu seinem Zwecke; aber freilich fällt von daher auch wieder manches un-
geahnte Licht auf den Inhalt und geistige Bedeutung einzelner Kunstwerke und
ganzer Kunstepochen. Da der vorliegende Band die Kritik des Seelen- und
Unsterblichkeitsglaubens zum Gegenstände hat, so wird dem entsprechend die
Sepulcralkunst hier besonders eingehend behandelt; das führt wieder vorwiegend
 
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