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Repertorium für Kunstwissenschaft — 9.1886

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Berichte und Mittheilungen aus Sammlungen und Museen, über staatliche Kunstpflege und Restaurationen, neue Funde
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https://doi.org/10.11588/diglit.66023#0237
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über staatliche Kunstpflege und Restaurationen, neue Funde.

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Frankfurt a. M. Städel’sches Institut.
Die Commission, welche die kostbare Hinterlassenschaft Städel’s zu ver-
walten hat, will durch immer kühnere Leistungen Zeugniss von ihrer unein-
geschränkten Machtvollkommenheit geben. Die letzte That hat denn aber
doch die Geduld der Frankfurter erschöpft. Es mag gestritten werden, ob
der Künstler oder der Kunstgelehrte sich besser zur Leitung eines Museums
eignet, darüber sind aber die Künstler und die Gelehrten und die grosse Menge
der Kunstfreunde einig, dass zur Leitung einer der gewähltesten Galerien
Deutschlands der Commis eines Kunsthandelgeschäftes nicht befähigt ist. Nach-
dem nun aber die Commission mit ihrer letzten Inspectorwahl dieses unge-
heuerliche Sultanstückchen zu Stande gebracht, wird man sich doch fragen
müssen, ob die Gewalt der Herren Administratoren keinen Eingriff dulde —
selbst wenn die Zukunft des Instituts in Frage kommt. Diesem Gedanken giebt
das Schreiben Ausdruck, welches die Vertreter aller hervorragenden Gelehrten-
und Künstler-Körperschaften Frankfurts an die Administration des Städel’schen
Instituts gerichtet und das wir hier zum Abdruck bringen.
Frankfurt a. M., den 13. Febr. 1886.
Hochverehrliche Administration!
Als durch den Tod des Herrn Gerhard Malss die Inspectorstelle an dem
Städel’schen Kunst-Institut erledigt wurde, sah man in allen hiesigen Kreisen,
welche sich für Kunst und Wissenschaft interessiren und denen das Gedeihen
aller diesen edlen Zwecken gewidmeten Anstalten unserer Stadt am Herzen
liegt, mit gespannter Erwartung der Wiederbesetzung dieser so wichtigen Stelle
entgegen.
Man erwartete, dass die Administration diese Gelegenheit versäumen
würde, an diese Stelle einen Mann zu berufen, der nicht allein ein treuer und
pünktlicher Ordner und Verwalter der Kunstschätze sein würde, wie dies der
verstorbene treffliche Inspector Malss in hohem Grade gewesen ist, sondern
der auch noch mehr als dieser durch künstlerische oder kunstwissenschaftliche
Bildung bei den unablässig an eine Anstalt, wie es das Städel’sche Institut ist,
herantretenden Anforderungen des Kunstlebens und der Kunst-Wissenschaft ein
erprobter Rathgeber und Förderer sein könnte.
Man war daher auf das peinlichste überrascht von der getroffenen Wahl,
als man erfuhr, dass die Stelle durch einen jungen Mann besetzt worden sei,
der lediglich die Laufbahn eines Kaufmanns durchgemacht hat und dessen
künstlerische Bildung, seinem bisherigen Lebensgang entsprechend, höch-
stens die eines Verkäufers in einem Kunstgeschäfte sein kann, während eine
Vertrautheit mit der Kunstwissenschaft in keiner Weise vorausgesetzt wer-
den kann.
Dieser für das Kunstleben unserer Stadt hochwichtige Posten, welcher
seit der Nichtwiederbesetzung der Stelle eines Directors die einzige Bürgschaft
einer die Interessen der Kunst allseitig fördernden Leitung des Institutes dar-
 
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