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Repertorium für Kunstwissenschaft — 9.1886

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O. Fischer: Die goldene Pforte zu Freiberg
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https://doi.org/10.11588/diglit.66023#0337
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Die goldene Pforte zu Freiberg.
Von 0. Fischer.
Unter dem Namen der goldenen Pforte ist ein romanisches Prachtportal
an dem spätgothischen Dome St. Marien zu Freiberg im sächsischen Erzge-
birge als eins der vorzüglichsten Werke mittelalterlicher Sculptur bekannt.
Unbekannt ist der Meister des allgemein dem zweiten Viertel des 13. Jahr-
hunderts zugeschriebenen Werkes und streitig die Bedeutung seiner figürlichen
Darstellungen.
Die weit ausladende Portalöffnung ist auf jeder Seite mit fünf reich
verzierten Säulen geschmückt. Zwischen diesen, in den ausgekehlten Ecken
der abgetreppten Seitenwände auf kleineren Säulchen stehen je vier Statuen
fast von Lebensgrösse. Ueber dem von den Säulen getragenen Blätterg^sims
»kreisen«, auf phantastischen Gestalten ruhend, den Säulen entsprechende und
den Schäften derselben gleich oder ähnlich gegliederte Stäbe. Die den Statuen
der Wandlaibungen entsprechenden Zwischenräume zwischen diesen Stäben sind
mit figürlichen Darstellungen ausgefüllt und zeigen von aussen nach innen
folgende Scenen: Die Auferstehung der Todten; den h. Geist als Taube und
zu beiden Seiten sitzende nimbirte Gestalten, deren eine durch zwei Schlüssel
als der Apostel Petrus kenntlich gemacht ist und welche daher sicher die
Apostel vorstellen; das Christkind, umgeben von Patriarchen, und endlich Gott
Vater, umgeben von Engeln. Zwei mächtige Löwen schauen als Wächter des
Heiligthums von dem ersten Säulenpaare herab, zwei kleinere ruhen auf der
den Thürsturz tragenden Auskragung. Im Bogenfelde erblickt man die gekrönte
Jungfrau mit dem Christuskinde auf dem Schosse; zu ihrer Rechten die
anbetenden drei Könige, zur Linken den Engel Gabriel und Joseph.
Dass ein solches Kunstwerk einen bestimmten heilsgeschichtlichen Ge-
danken zur Darstellung bringe, ist von vornherein höchst wahrscheinlich und
wird auch durch die Beispiele grosser gothischer Domportale, wie der von
Strassburg, Freiburg, Amiens, Chartres und anderer bestätigt, welche in ihrem
plastischen Schmucke Analogien zur goldenen Pforte darbieten. Die Erklä-
rungen der letzteren einigen sich denn auch in der Hervorhebung eines heils-
geschichtlichen Inhalts des Dargestellten, gehen aber in der näheren Bestim-
mung der vorgestellten Momente aus einander. Abgesehen von älteren Erklärern
 
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