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Repertorium für Kunstwissenschaft — 9.1886

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https://doi.org/10.11588/diglit.66023#0406
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362

Notizen.

(Sebrucft 511 Samberg, / burd? 3ol?ann / Wagner. / M.D.LXXX.
So lautet zwar Titel und Schlussangabe, aber das Werk ist weder 1580
erschienen, noch von Johann Wagner gedruckt. Wir haben es mit einem
interessanten, bisher unaufgeklärten litterarischen und bibliographischen Cu-
riosum zu thun. Diese Ausgabe der Halsgerichtsordnung wurde, wie ich im
Folgenden nachweisen werde, 1694 von dem fürstbischöflich bambergischen
Hofbuchdrucker Johann Jacob Immel hergestellt. In den bambergischen Kammer-
rechnungen findet sich folgende Stelle: »114 fl. 4 Pfd. Jac. Immel Hofbuchdr.
der bamberg. peinlichen Halsgerichts-Ordnung, benanntlich 48 Bögen ad 48 kr.
zu setzen, und 400 Exemplar vom Bogen 1 zu drucken. Zalt 19 Juli 1694.«
Diese Ausgabe ist — wenn wir auf den Namen Immel und die Jahrszahl 1694
Nachdruck legen — einfach nicht vorhanden x). Ein eingehender Vergleich
der beiden angeblich 1580 erschienenen Ausgaben erbringt aber den Beweis
dafür, dass der eine dieser Drucke fast ein Jahrhundert jünger ist als der
andere. Vor allem begegnet uns in der elften Ausgabe eine Orthographie,
welche wohl im 17., keinesfalls aber im 16. Jahrhundert gebräuchlich war.
Schon dieser Umstand allein, die gewaltige Differenz der Orthographie und dann
auch des Textes zweier angeblich aus dem nämlichen Jahre stammenden, in der
nämlichen Officin gedruckten Ausgaben eines Werkes, ist im Stande, meiner
obigen Behauptung die sicherste Stütze zu verleihen. Dass aber diese elfte
Ausgabe nicht von Wagner gedruckt ist, ergibt mit absoluter Gewissheit ein
Vergleich der Typen der beiden Ausgaben. Ist es schon schwer erklärlich,
wie Wagner dazu gekommen sein könnte, in einem Jahre zwei Ausgaben der
Halsgerichtsordnung mit verschiedenen Typen zu veranstalten, so wird eine
solche Doppelausgabe durch den bereits wiedergegebenen Wortlaut der Kammer-
rechnungen von 1580 geradezu in Abrede gestellt: es handelt sich dort offenbar
nur um eine Ausgabe. Dass aber die elfte Ausgabe, welche ein in Bezug auf
die Angabe des Druckers und der Jahrszahl getreuer Abdruck der zehnten ist,
von Johann Jacob Immel hergestellt wurde, erhellt, wenn auch im Drucke der
Name und das Jahr verschwiegen ist, zur Genüge aus der Uebereinstimmung
der Typen der elften Ausgabe mit anderen Drucken Immels. Und noch ein,
wie mir scheint, nicht ganz unwichtiger Umstand: die bambergischen Kammer-
rechnungen bemerken ausdrücklich, dass die sämmtlichen 400 Exemplare der
Ausgabe von 1694 in rothes Pergament gebunden wurden. Das vor mir
liegende Exemplar der elften Ausgabe trägt nun thatsächlich diesen rothen
Einband. Zwei aus dem Jahre 1507 stammende Holzschnitte der zehnten
Ausgabe sind in dieser nicht wieder verwendet worden: die Darstellung der
den Eid ablegenden Zeugen und der Vorführung des gestohlenen Pferdes.
Franz Friedr. Leitschuh.
x) Weder die königl. Hof- und Staatsbibliothek in München, noch die königl.
Universitätsbibliothek in Würzburg, weder das Germanische Nationalmuseum in
Nürnberg, noch die königl. Bibliothek in Bamberg besitzt eine Halsgerichtsordnung
mit dem Druckernamen Joh. Jacob Immel.
 
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