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Repertorium für Kunstwissenschaft — 12.1889

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Heft 2
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Rahn, J. Rudolf: Die Malereien aus dem Renaissance-Zeitalter in der italienischen Schweiz
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https://doi.org/10.11588/diglit.66021#0166
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134

J. Rudolf Rahn;

Staffelbilder.
Ascona. Chiesa del Gollegio* * * * 38).
Ein Kleinod, dessen schon Jacob Burckhardt gedenkt, befindet sich in
der Chiesa del Collegio bei Ascona. Es ist ein Altargemälde, auf dem sich
der Meister mit der Capitalinschrift: IO . ANTONIVS . DE . LAGAIA . DE .
ASCONA PINSIT 1519 verzeichnet hat. Die 2,975 m hohe und 2 m breite
Holztafel ist der Höhe nach in zwei gleiche Hälften getheilt. Die Mitte nehmen,
über einander geordnet, zwei hohe Felder ein. Unten steht in rothem Ge-
wände die Mutter des Erbarmens. Zwei Engel, die zur Seite schweben, halten
den blauen Mantel über die zu Füssen der Madonna Betenden ausgebreitet.
Das Gesicht der Gottesmutter ist vollendet schön, streng, voll feierlicher Würde.
Die kleinen Gestalten der Anbetenden — links die Männer, rechts eine Gruppe
von Frauen — charakterisirt in auffälliger Weise der durchgehende Mangel
eines Hinterkopfes. Im Uebrigen fehlt es an hervorragenden Erscheinungen
nicht. Die Andacht einer Alten, die in Halbprofil emporschaut, ist prächtig
zum Ausdrucke gebracht. Auch unter den jugendlichen Damen, die im Vorder-
gründe knieen, heben sich fein und schmelzend gemalte Köpfchen hervor. In
den beiden Seitenfeldern stehen, mit Namen bezeichnet, die Heiligen Dominicus
und Petrus Martyr, Erscheinungen von peruginesker Süssigkeit. Die obere
Mitte ist von vier rechteckigen Feldern begleitet. Von den letzteren enthalten
die oberen zwei Engel, die anbetend auf den Wolken knieen. Diese beiden
Figuren sind übermalt. Sie beziehen sich auf die Himmelfahrt der Maria, die
in dem grossen Mittelfelde dargestellt ist. Unten knieen, zum Kreise gedrängt,
die Apostel. Ihre brav verkürzten Köpfe voll glühender Andacht und Verzückung
sind nach oben gewandt, wo in einem goldenen, von Wolken besäumten
Ovale die Madonna zum Himmel schwebt. In feierlicher, ruhiger Haltung,
ganz in der Vorderansicht stehend, blickt sie empor. Vier dienstfertige Engel,
die beiden oberen reizend naiv aus dem Bilde schauend, umschweben die
Gebenedeite. Auf den unteren Seitenfeldern ist die Verkündigung gemalt.
Der scharfe Profilkopf des Engels, der so schüchtern und demuthsvoll seine
Botschaft meldet, ist rührend schön und ebenso liebreizend die Madonna, die
gleichfalls knieend und die Hände vor der Brust gefaltet den Gruss empfängt.
Mit der Schule Lionardo’s haben diese Bilder nichts gemein, aber an holder
Wärme stehen sie den Werken Luini’s wenig nach. Alle Scenen und Ge-
stalten heben sich vom blauen Himmel ab. Die Köpfe mit dem warm braunen
Incarnate sind überaus weich und schmelzend gemalt, auch die Hände recht
wacker gezeichnet und die weiche, saftige Modellirung erscheint in den Ge-

von musicirenden Engeln umgeben. Die Ostwand des einen Joches ist maskirt.
Auf der des südlichen ist die Kreuzigung gemalt. An den seitlichen Schildbögen
sind S. Rochus und der hl. Abt Antonius, gegenüber, an der Südseite, wieder der
letztgenannte und eine hl. Dominikanerin dargestellt.
38) Jacob Burckhardt, Deutsches Kunstblatt 1850, S. 276. Rahn, Kunst-
und Wanderstudien, S. 168.
 
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