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Vom Rhein: Leben, Kunst u. Dichtung — Essen, 1847

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Lyrische Gedichte
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https://doi.org/10.11588/diglit.20633#0433
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Karl Fresenius.

1. Am laacher See.

(^legrüßt, du duukler Wundersce, deß Grund uoch Keiner je geschaut,
Ties lüer in Waldeseiusamkeit, vou wilden Bergeshöhüi umbaut!
Dem Wandrer graust — er schaut in dir gespiegelt eigneu dumpfen Siun,
Doch fröhlich streift der freie Blick mir über deine Fläche hiu.

Für Jene stets ein öder Schlund, drin einst ein Feuerstrom gewühlt,
Der Jeden, der sich ihm vertraut, hinunter in die Tiefe spült: —
Ein holder Freudenbecher mir, mit edlem Gichenlaub geschmückt,
Den auf des lieben Rheinlands Wohl Natur an ihre Lippen drückt.

Es lockt die Freudenthräne mir Gedächtniß einer schönen Zeit,

Als mit dcm fernen Freunde mich getragen deine Fläche weit.

Wie da dem raschen Ruderschlag die dunkeiblaue Flut gerauscht,

Da wurde bald dem ersten Grau'n die wonniglichste Lust getauscht.

Wie in dic Mitte hingestellt vom ganzen wciten Weltenball,

So schauten über, unter uns wir Sternenheere überall.

Gs zog der Schöpfung Wunderhauch reich in die beiden Herzen weit,
Und durch die Seele zuckt' es wie Gedankenblitz der Ewigkeit.

Fern hinterm letzten Abendgold lag uns die Welt und ihr Geschick,
Und auf den leichten Kahn ergoß sein Füllhorn uns der Augenblick.
So Brust an Brust gelehnet sah'n wir in das feuchte Wunderreich,
Einander iu die Augcn hell dann wieder, froh und göttergleich.

Doch was die Tiefen uns vcrtraut, was uns der ernste Wald gelehrt,
Die träge Zunge spricht es nicht, den Lippen bleibt das Wort verwehrt:
Doch wcm das Wunder selbst vertraut ver See aus dunkelblauemSchooß,
Dem reißt sich aus dem Herzen ties ein lauter Liedessubel los!
 
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