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Verband der Kunstfreunde in den Ländern am Rhein [Editor]
Die Rheinlande: Vierteljahrsschr. d. Verbandes der Kunstfreunde in den Ländern am Rhein — 4.1902

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Schäfer, Wilhelm: Düsseldorfer Kunst auf der Deutschnationalen Kunstausstellung zu Düsseldorf
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https://doi.org/10.11588/diglit.49103#0197
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von den Künstlern, zwar anerkannt, doch nicht
getragen von der Gunst der kunstliebenden Kreise.
Die Tradition hat den reichen Düsseldorfer
Bürgern die Kunstpflege zu einer gesellschaft-
lichen Pflicht gemacht. Jedes gute Düsseldorfer
Haus hängt voller Bilder, aber es giebt keine
Privatsammlungen grofsen Stils von gutem
modernem Geschmack. So fand Jernberg hier
keinen Boden, so leben die besten unter den
jüngeren Künstlern zum Teil verbittert und sehen
jenen nach, die draufsen schneller zu Ansehen
kamen.
Dieser Zustand wird sich nicht ändern, bis
sich die besten der Düsseldorfer Maler über
alle Gruppen hinweg zusammenthun zu einer
Kunstmacht, deren unantastbares Urteil auch
in der Düsseldorfer Bürgerschaft allmählich
jenen guten Geschmack verbreiten hilft, der
anderswo den jungen künstlerischen Kräften den
Boden schneller ebnete, obwohl sie kaum eine
solche Fülle künstlerischer Kraft ausmachten
wie hier.
In Wien hat eine Gruppe von 25 jungen
Malern die verrotteten Kunstverhältnisse völlig
auf den Kopf gestellt und in wenigen Jahren
nach innen und aufsen ihrer Kunst ein solches
Ansehen verschafft, dafs sie heute vielleicht
mehr gilt als jede andere, ohne im Grunde
anders als elegant zu sein. Heute besitzt die
Wiener Sezession ohne industrielle Hilfe ein
eigenes schuldenfreies Ausstellungsgebäude und

ein beträchtliches Kapital. Sie konnte es sich
gestatten, der Stadt Wien einen kostbaren
Klinger, den die Verwaltung nicht kaufen wollte,
einfach zu schenken. Was würde eine solche
Gruppe von entschlossenen Künstlern in Düssel-
dorf vermögen, wo ihr am Ende doch die Unter-
stützung einer reichen kunstwilligen Bevölkerung
sicher wäre! Und was würden sie in dem
Kunstpalast zu Düsseldorf mit denselben guten
Bildern, die dort sind, einen unwiderstehlichen
Gesamteindruck Düsseldorfer Kunst geben können!
So steht es um die vielgeschmähte Kunst in
Düsseldorf besser als um die Künstler, die gegen
einen konventionellen Geschmack sehr zu kämpfen
haben. Diese erste deutschnationale Kunstaus-
stellung wird die Wendung zum Besseren, die
sich auch in den Ankäufen des „Kunstvereins für
Rheinland und Westfalen“ deutlich bekundete,
wesentlich unterstützen. Erst dann, wenn die
heute noch etwas wirre Fülle von Geschmack
und reifem Können sich klarer zeigt, — und das
wird in der nächsten Ausstellung 1903 sicher
geschehen —, wird auch die Wirkung Düssel-
dorfs beginnen als einer Kunststadt, die in den
Zeiten revolutionärer Stürme das behauptete,
was auch in der künstlerischen Kultur zuletzt
immer das Wichtigste ist: die Tradition, oder
wie Nietzsche sagt: die Methode. Das ist keine
Aufgabe, die besondere Ehre bringt. Aber nur
auf diesem Boden können die Grofsen wachsen,
auf die wir warten. S.

Fritz von Wille: Frühlingssturm.


II
 
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