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Verband der Kunstfreunde in den Ländern am Rhein [Hrsg.]
Die Rheinlande: Vierteljahrsschr. d. Verbandes der Kunstfreunde in den Ländern am Rhein — 12.1906

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Nr. 10
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Schur, Ernst: Baukunst auf der Kölner Ausstellung
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https://doi.org/10.11588/diglit.26232#0172
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J. M. Olbrich. Blick in den roten Garten am Rosenhof.

Schmuck, der hier zur Aufsteliung gelangt ist.
Es sind Arbeiten nach Entwürfen von Oibrich,
die meist in festem Besitz sind. Reiche Sticke-
reien, die auch die Wände schmücken.
In den Schmuckarbeiten ist das Aparte,
Feingliedrige betont. Wie ein Stein eingefügt
ist in ein ganzes Wirrsal von leichten Glieder-
ketten, das ist mit künstierischer Absicht ge-
macht. Spitzen zeigen reich verschiungenes
Linienwerk. Ketten, die nur leicht gefügt sind,
Gürtel, deren feines Gefüge in Siiber auf
grünem Samt sich wirkungsvoii abhebt, überail
ist das Feingliedrige besonders hervorgehoben.
Wie im Spiei wird die Form gewonnen, sie
erscheint lebendig und wechselnd. Wo dagegen
praktische Brauchbarkeit an Gegenständen ver-
langt wird, da erscheint die Form nicht solid
genug, der Schmuck wirkt nur aufgesetzt.*

* Wir werden versuchen, eine eingehende Würdigung
möglichst mit Abbildungen dieser Schmucksachen zu bringen,
um denen, die sie nicht im Original sahen, ihre Vollendung
zu zeigen. Nach einer früheren Überschätzung ist das
Kleinkunstgewerbe zugunsten der Architektur gegenwärtig
etwas in Misskredit geraten. Dies ist gewissermassen
tragisch, weil nach den ersten ungestümen Versuchen nun-
mehr eine Zurückhaltung und Meisterschaft darin erreicht
ist, die der modernen Architektur z. B. durchaus noch fehlt.
Es sind wenige unter diesen Olbrichschen Schmuckgegen-
ständen, die man nicht ohne weiteres neben die besten
Werke der Alten stellen könnte. Die Red.

Man darf bei Olbrich nicht auf die Logik
der Formen, auf das Organische Wert iegen.
Unorganisch z. B. ist die Verbindung der gerad-
iinigen Decke mit dem Rundteii des Bodens.
Auch fäilt die Vernachiässigung der äußeren
Fassade auf. So ist das Dach höchst simpei,
die Dachrinne so, wie man sie alienthalben
sieht; beides ist ais zur äußeren Fassade ge-
hörig ohne organischen Zusammenhang angefügt.
Die Einheit in Olbrich ist die künstlerische
Laune, die einer bizarren Phantastik zuneigt,
nicht die Logik der Form. Vielmehr muß man
bei der Kunst eines Olbrich an die spieiende
und doch schwere Phantastik des Orients
denken. Orientalisch ist auch die Gestaltung
des Raums ais eine Art Haremshof. Auch die
Bezeichnung ,,Frauenrosenhof" hat etwas Orien-
taiisch-Weichliches.
Charakteristisch ist, daß Olbrich — und das
stimmt mit dem Vorigen überein — den Bau
ganz nach innen verlegt, daß er die äußere
Fassade nicht berücksichtigt, daß er vor allem
die schöne Lage am Wasser ganz unbenutzt
läßt und hier nur eine Laube anlegt, durch
deren ovale Öffnungen ein Blick ins Freie er-
laubt ist, als wandelten hier Odalisken, die ein
eifersüchtiger Pascha fern von der Welt hält,
deren Blicke sehnsüchtig über das Wasser
träumen.

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