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Verband der Kunstfreunde in den Ländern am Rhein [Editor]
Die Rheinlande: Vierteljahrsschr. d. Verbandes der Kunstfreunde in den Ländern am Rhein — 15.1908

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Heft 4
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[Buchbesprechungen und Notizen]
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https://doi.org/10.11588/diglit.26458#0148
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So also wird die neue
Rheinbrücke bei Köln sich
von der Stadt aus zeigen.
Und was man über die
Entstehung hört, läßt jeden
Einspruch überflüssig und
gefährlich scheinen. Diese
Portale „im romanischen
Stil" werden der modernen
Eisenbrücke genau so unab-
änderlich vorgcbaut wer-
den, wie in Berlin das
Brandenburger Tor freige-
legt wird nach Jhneschen
Plänen. Hierzu meldete
der Lokalanzeiger: „Zur ge-
planten Umgestaltung des
Pariser Platzes erfahren
wir in Ergänzung unserer
bisherigen Mitteilungen
noch, daß dem Kaiser das
Projekt des Geheimrats
von Ihne bereits bekannt
und von ihm mit voller
Sympathie begrüßt wor-
denwar, als die Kgl. Bau-
akademie im Herbst I?06
ihr Preisausschreiben er-

ließ. An diesem Preis-
ausschreiben, das zu einem
Wettbewerbe für eine Um-
gestaltung des Platzes auf-
forderte, hatte Geheimrat
von Ihne sich nicht be-
teiligt. Cr war der Kon-
kurrenz mit seinem Ent-
wurf ferngeblieben, weil
der Wunsch des Kaisers
ihm bekannt war, daß
sein Projekt zur Durch-
führung gelangen möge."
Ein solches Preisaus-
schreiben ist den rheini-
schen Architekten erspart
geblieben; sie wurden
durch die in Berlin aus-
gestellten Entwürfe vor
eine fertige Sache gestellt,
an der sie nun ihre Kritik
üben können; wobei sie
hier wie dort auf die Mit-
teilungen des Berliner
Lokalanzeigers angewiesen
sind, um der Unabänder-
lichkeit versichert zu sein.
S.


Dialoge
nennt Dr. Carl Hagemann, der bekannte Intendant des
Mannheimer Hofthcaters, ein kleines Buch, das im Verlag von
Schuster Sc Loeffler erschien. Hagemann, von dessen drama-
turgischen Plänen neuerdings viel gesprochen wird, ist nicht gleich
seinen Kollegen zumeist — wie Herbert Culenberg das neulich in
der „Schaubühne" nannte — „ein gewesener Schauspieler mit
gewesener Stimme", sondern ein rühmlich bekannter Schriftsteller
und Theoretiker, dem wir namentlich die Monographiensammlung
„Das Theater" (Verlag Schuster s- Loeffler) verdanken. Der
kleine Band, dem wir das ernste Prosastück in diesem Hefte ent-
nehmen („Bankrott", Seite 110), ist ein novellistischer Niederschlag,
der die dramaturgische Beschäftigung des Verfassers nicht verleugnet.
Novellen, vielmehr Stimmungs- und Gedankenbilder in Dialog-
form, die übrigens zum Glück durchaus nicht streng eingehalten wird.
Einige von ihnen — z. B. das abgedruckte Stück — könnte man sich
ohne weiteres als Einakter denken. Ein kluges und geschmackvolles
Buch, das für diesen „Theaterdirektor" sehr einnehmcn muß. S.
weiße Fächer" von Hofmannsthal.
Der Fächer ist eines von Hofmannsthals „kleinen
Dramen", nun aber vom Jnselverlag in einer sehr kostbaren
Einzelausgabe in kleiner numerierter Auflage herausgegeben worden.
Für Genießer eine Lust, in großem Quartformat festlich schön auf
Handpapier gedruckt, zweifarbig und — die Hauptsache — mit vier
Holzschnitten von Edward Gordon Craig.
Das Stück ist so wenig ein Drama wie „das kleine Welt-
theater" oder das noch schönere „der Tor und der Tod". Cs ist,
wie jene, ein wundersames Gespräch. Ein junger Witwer, eine
junge Witwe, beide aus gleichen äußeren und ganz ungleichen
inneren Ursachen einer eigensinnig gierigen Trauer hingegebcn,
treffen sich an den Gräbern und haben ein Gespräch miteinander.
Nichts ist wichtig, nichts unwichtig, das Leben ist ein Schatten-
spiel, aber die Spiegelbilder der Dinge in unseren Seelen haben
eine tiefe, unheimliche Realität.
Ein kluger Mann sagte mir einmal über Hofmannsthal: Cr
ist herrlich, aber er hat keinen Maßstab für die Erscheinungen;
bei ihm ist alles groß, alles klein, alles wirklich, alles Traum.
Ich gab ihm schweigend recht, aber ich dachte: weiß denn einer
von uns, was groß und klein, was wirklich und was Traum ist?
Aber freilich ist Hofmannsthal ein Träumer, kein Denker. Beides
sein, und dazu noch ein Dichter sein, das hat nur Einer gekonnt:
Plato. Aber wenn nun auch Hofmannsthals Gespräche nicht auf
die Gedanken los, sondern eher schmeichlerisch zwischen ihnen hindurch
führen, sind es doch herrliche Gespräche, ja sie führen oft mitten
in die Erkenntnis vom zweifelhaften Wert aller logischen Gebäude.

Die vier Holzschnitte von Craig sind nicht Meisterwerke
der Holzschnittkunst. Sie könnten in einer anderen Technik gerade
so stark wirken. Aber Craig ist ein gewaltiger Landschaftsarchitekt
und ein Meister szenischer Anordnung. Daher sind seine vier
Blätter nicht eine hübsche Beigabe, sondern ein höchst wirksamer
szenischer Kommentar. Hermann Hesse.
rühlmgStage in Spanien.
„Im Hintergründe lagen wie jäh erstarrte Riesenwogen
eines dunkelgrünen Meeres mächtig die Vogesen; über den runden
sich voreinander schiebenden Kuppen schwebte im wunderbar durch-
sichtigen Blau die schimmernde Scheibe des Vollmonds. Glänzend,
gleich gefrorenem Silber, hing sie im tiefen Raum, in ihrem
weißbläulichen Licht trat kräftig das Braun frühlingsfrischer
Äcker hervor, hellgrün leuchteten darin die ersten Blätter der
weißen Birken. Ein herber Frühlingsmorgen dämmerte, kalt und
klar und doch schon voll Ahnung warmen Lebens."
Das waren zufällig die ersten Sätze, die ich in dem Buch
von Kurt Kamlah sah; und man wird verstehen, daß ich darauf von
vorn anfing und bis zu Ende las. Solche Sätze sind in unserer
Sprache seltener geworden, als gute Verse; wo man sie findet,
bleibt man gern mit dem Autor ein paar Stunden zusammen.
Diese stehen auf der neunten Seite, als Kamlah nach Spanien
reisend nachts durchs Elsaß fährt. Wer von unfern Lesern viel-
leicht im Begriff steht, das gleiche zu tun — nun wo bei uns
der Frühling mit kalten Winden kommt, der dort schon Sommer-
freuden hat — der lasse sich von dem großen Format dieses Buches
nicht abschrecken! einen besseren Reisebegleiter findet er nicht.
Wer aber hier bleiben muß, und das werden ja wohl die meisten
von uns sein: der behelfe sich, wie ich es tat, mit diesem Buch;
der hat dann jedenfalls nur das Vergnügen und kann selbst bei
den ärgerlichen Sachen mit diesem Spötter herzhaft lachen. Eine
Rciscbeschreibung, die man gespannter liest als die meisten Er-
zählungen, eine Fülle von lustigen Erlebnissen, spöttischen und
ernsten, meist aber spöttischen Beobachtungen, daran man eigentlich
nur zu tadeln findet, daß sie auf der 22S. Seite aufhört. Won
Spanien der Landschaft steht weniger darin — vom Montserrat
und Tager abgesehen, die prachtvoll geschildert sind — als von
Spanien dem Volk. Cs ist erstaunlich, wie offen diese spöttischen
Augen sind für alle Eigenheiten menschlicher und seelischer Be-
kleidung, und wie er die Typen, leider sind auch ein paarmal
Landsleute darunter, in lustiger Reihe an uns vorüberziehen läßt.
Den Schluß bildet nach einigen bedrückten Stunden im Prado —
ein Stiergefecht, das ich nicht wieder aus dem Kopf bringe, wie
wenn ichs selber erlebt hätte, so lebendig ist die Schilderung
davon. Das Buch ist im Verlag Schmitz s- Olbertz zu Düssel-
dorf erschienen. S.


Herausgeber W. Schäfer, Verlag der Rheinlande G. m. b. H., Druck A. Bagel, Düsseldorf.
 
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