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Verband der Kunstfreunde in den Ländern am Rhein [Hrsg.]
Die Rheinlande: Vierteljahrsschr. d. Verbandes der Kunstfreunde in den Ländern am Rhein — 23.1913

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Schäfer, Wilhelm: Das Folkwang-Museum
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https://doi.org/10.11588/diglit.26493#0173
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Holzstatuette eines buddhistischen Priesters, bemalt, Japan, 18. Iahrh.

Das Folkwang-Museum.
/^^/eitdem auch die Nemes-Sammlung auf das Geleise der Pariser Auktion geschoben und somit das durch
Tschudi in gutem Glauben aufgestellte Vorbild eines modernen Sammlers in den allmächtigen Kunst-
handel zurückgesunken ist: hat der in privaten Kunstsammlungen niedergelegte Idealismus bedenklich an
Vertrauen verloren. Man ist empfindlich daraus hingewiesen worden, daß auch die Kunstwerke Börsenwerte dar-
stellen, deren Kursschwankungen eine wildere Spekulation ermöglichen, als sie in Kuren oder Shares, selbst
auf dem Hypothekenmarkt denkbar ist. Daß man — wie es beispielsweise im Fall van Gogh Tatsache war —
einen Wert für hundert Franken kaufen und für einige zehntausend verkaufen, also mit seiner Kapitalanlage
zehntausend Prozent Gewinn machen konnte: das zeigt ein phantastisches Geschäftsideal, wie es nur in der Kunst-
branche verwirklicht werden kann.
Wir haben Beispiele von Sammlern, die sich kaltblütig zu diesem Geschäft bekennen und somit in der Lage
sind, eines Tages ihre „reife" Sammlung unter die Sense zu bringen, um mit gleichem Eifer eine neue Aussaat
zu beginnen; obwohl dieses Spekulationsgeschäft erst bedenklich wird, wenn sein Inhaber nur ein Strohmann ist,
der irgend einen Händler oder ein Konsortium zu decken hat: wird sich das natürliche Gefühl immer an dein
inneren Widerspruch stoßen, der zwischen dem Nimbus der Kunst und der Kaltblütigkeit solcher Geschäfte besteht.
Wie mit der Vaterlandsliebe, politischen und religiösen Überzeugungen kein Kuhhandel getrieben werden sollte, so
gibt es auch eine Forderung der inneren Reinlichkeit, die ein Werk der hohen Kunst vom Marktbetrieb ausgeschlossen
sehen will. Und ob das in unfern Zeiten, wo der Staat mit Orden, Titeln und Adelsdiplomen offensichtlich einen
kulturellen Verdienfthandel betreibt, als Utopie gelten mag: die ideelle Forderung bleibt mit derselben Hartnäckigkeit,
mit der sich die andern Überzeugungen eines außergeschäftlichen Menschentums behaupten.

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